Wir haben einen langjährigen Genossen, Mitstreiter und Freund verloren.
Arthur war ein nicht wegzudenkender Teil der linken und revolutionären Bewegung, und auch darüber hinaus bekannt und geschätzt.
Er war schon politisch aktiv und hat sich für eine Welt der Solidarität eingesetzt lange bevor das Linke Zentrum Lilo Herrmann 2010 entstanden ist. Doch für viele von uns sind wohl vor allem die Errinnerungen an Arthur als fester Teil des Lilos sehr präsent.
Denn das Lilo hat Arthur sehr viel bedeutet, hier hat er über Jahre hinweg gewirkt und mitgestaltet. Ein Lilo ohne Arthur ist ein anderes als jenes das wir kennen – sein Verlust reißt ein großes Loch in dieses Projekt, in unsere Reihen.
Eine prägendeErinnerung, die vermutlich viele von uns von Arthur haben, ist dieser Moment, wenn du ins Café Südstern reinkommst und ein fröhliches “Hallo“ von Arthur hinter der Theke dich begrüßt. In den vergangenen Jahren hat er mit sehr viel Energie und Mühe das Hausprojekt geprägt und sich in die alltägliche Hintergrundarbeit eingebracht. Er war keiner, der immer im Vordergrund stehen musste, sondern jemand, der sich auch dem nervigen Papierkram angenommen hat und auch im Lilo war, wenn die Rolläden zu und die meisten wieder zu Hause waren.
Zuvor war er jahrelang im OTKM und im Arbeitskreis Internationalismus in der antimilitaristischen und internationalistischen Arbeit aktiv. Schon während seinem Wehrdienst entwickelte er eine klare Haltung gegen Krieg und die Bundeswehr – was er seine Vorgesetzten auch wissen ließ. Er war Teil verschiedener Aktions-Camps, wie zu den Protesten gegen das Gefechtsübungszentrum GÜZ – und jede Störaktion gegen Bundeswehr-Propaganda-Auftritte recherchierte er mit Sorgfalt bis hin zur Durchführung in der Aktion. Er hat wesentlich dazu beigetragen, dass die Bundeswehr einige Messestände aus Angst vor den aufsehenerregenden Aktionen des OTKM lieber nicht öffentlich ankündigte. Er organisierte Busanfahrten zu den Protesten gegen die NATO-Sicherheitskonferenz in München und war hier in Stuttgart in allen Ämtern der Stadt bestens bekannt – als unbequemer Versammlungsleiter der revolutionären Bewegung mit unzähligen Anmeldungen von Demonstrationen und Kundgebungen, die hunderten Linken in den letzten Jahren Raum auf den Stuttgarter Straßen verschafften.
Seine besonnene Haltung hat auch in brenzligen Situationen vor allem bei den Cops für Verwirrung gesorgt. Den Versammlungsbehörden hat er bestimmt die ein oder andere schlaflose Nacht bereitet. Nicht ohne Grund gab es immer wieder den Versuch ihm zu verbieten, als Versammlungseiter tätig zu sein. Er hat sich hiervon jedoch nicht aus der Ruhe bringen lassen und war stets ein ruhiger Pol auf den man sich verlassen konnte. Er war aber längst nicht nur „der Versammlungsleiter“. Mit seiner besonders ruhigen und zuverlässigen Art war er durchweg revolutionärer Aktivist, immer auf Augenhöhe, immer Teil des Kollektivs.
Mit Bescheidenheit und seinem großen Erfahrungsschatz konnte er oft mit Rat und Tat zur Seite stehen, niemals war er dabei überheblich und trotzdem an vorderster Front dabei, wenn es darum ging, auch mal heikle Planungen in die Tat umzusetzen.
Auch wenn es immer wieder Phasen gab, in denen Arthur sich zurückziehen und Kämpfe mit sich selbst austragen musste, hat er sich all die gemeinsamen Jahre aktiv eingebracht und überall mit angepackt, dabei hat er sich nicht gescheut, auch unbeliebte Aufgaben zu übernehmen.
Die Perspektive und Möglichkeit einer sozialistischen Revolution und einer solidarischen Gesellschaft hat ihn – wie er auch in seinem Abschiedsbrief schreibt – entscheidend geprägt und angetrieben. Arthurs Beitrag dazu war voller Selbstverständlichkeit, Vertrauen und Unerschütterlichkeit. Eine Selbstverständlichkeit, die sich nie in den Vordergrund drängen musste. Ein Vertrauen in die vielen schwierigen kollektiven Schritte, die wir mal stolpernd, mal fallend, mal rennend zusammen getan haben. Eine Unerschütterlichkeit, die nichts mit Verbissenheit oder Gleichgültigkeit zu tun hatte, sondern mit dem Verständnis für die Bedeutung seiner Entscheidungen und mit der Überzeugung, das Richtige zu tun – und das so oft umspielt von einem Lächeln, das all das in so vielen unvergesslichen Momenten transportiert hat. Diese Haltung, auf altgriechisch ataraxia – Unerschüttlichkeit und Seelenruhe – hatte er sich auf seinem Unterarm tätowiert, und sie beschreibt unseren Freund und Genossen sehr gut.
Dass Arthur nicht nur gegen die herrschenden Verhältnisse von außen gekämpft hat, sondern die härtesten Kämpfe mit sich selbst austragen musste, wird uns in diesen Tagen umso schmerzlicher bewusst. So schmerzlich, dass uns die Worte fehlen. So schmerzlich, weil wir nicht in der Lage waren, ihn dabei zu unterstützen.
Lasst uns gemeinsam in Arthurs Sinne solidarisch aufeinander achten, besonders in Zeiten wie jetzt, in denen der Schmerz und die Trauer so präsent sind.
Wir wollen den Beitrag, den er geleistet hat, wertschätzen und ihm gedenken.
Sein unermüdliches Engagement, seine nicht messbaren Beiträge und Mühen für unsere Bewegung werden wir niemals vergessen.
Wir möchten insbesondere der Familie unser herzliches Beileid ausdrücken.
Der Verlust lässt sich kaum in Worte fassen und es ist schwer das richtig auszudrücken, aber wir sind bei euch und versuchen, euch bei allem zur Seite zu stehen. Und das soll keine Phrase sein: Bei all den konkreten Aufgaben und Schwierigkeiten, die jetzt kommen, wollen wir helfen und eine kollektive Stütze sein.
Wir haben einen unersetzlichen Menschen verloren, mit dem wir gelacht, geweint, geflucht, uns gefreut haben und mit dem wir vor allem einen Kampf geteilt haben.
Arthur, wir werden dich in Erinnerung behalten als liebenswerten, zutiefst solidarischen Freund und Genossen, als einen von uns! Deine herzliche, bescheidene und offene Art wird uns sehr fehlen.Du wirst in unserem Kampf weiterleben.
Abschiedsbrief
Liebe Freund:innen und Genoss:innen,
Arthur hat vor seinem Tod einen Abschiedsbrief verfasst, den er an seine Genoss:innen richtet. Arthur war weit über die Grenzen des Linken Zentrums bekannt und sehr geschätzt. Wir möchten allen, die ihn im Laufe seines Lebens kennengelernt haben, ermöglichen, diesen Brief zu lesen. Meldet euch dafür per Mail unter “mail@linkeszentrumstuttgart.org”, dann schicken wir euch den Brief von Arthur zu.
Falls du dich gerade nicht bereit fühlst, den Brief zu lesen: wir werden ermöglichen, dass der Brief auch in den kommenden Monaten und Jahren noch zugesendet wird.
Wir möchten an dieser Stelle auf Anlaufstellen für selbst von Suizidgedanken betroffene Personen und für Trauernde hinweisen, wohlwissend, dass dies keine kollektive Auseinandersetzung ersetzen kann.
Hilfe für Betroffene und Angehörige:
Seelsorgetelefon (rund um die Uhr!): 116123 (bundesweit) oder online.telefonseelsorge.de
Krisen- und Notfalldienst der eva in akuten Krisen: 01 80 – 511 0 444
Trauer- und Gedenkveranstaltung
Außerdem laden wir alle zu einer gemeinsamen Trauer- und Gedenkveranstaltung ein. Den Termin werden wir bald bekannt geben.
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