Bradley Manning soll für die Weitergabe eines Videos der ErWegen Spionage und Diebstahl von Geheimdokumenten soll Bradley Manning für 35 Jahre ins Gefängnis. Dieses Strafmaß verkündete am Mittwoch morgen um 10.16 Uhr Ortszeit Oberst Denise Lind, die Vorsitzende Richterin des US-Militärgerichts Fort Meade. Für die Untersuchungshaft werden dem 25jährigen Obergefreiten 1294 Tage abgezogen, darin enthalten 112 Tage »Wiedergutmachung« für die erlittene neunmonatige Isolationshaft. Gegen das Urteil kann Berufung vor der nächsthöheren Gerichtsinstanz eingelegt werden.

Damit hat sich das Pentagon mit den von der Anklage beantragten 60 Jahren Haft zwar nicht durchgesetzt, trotzdem wurde an dem jungen Soldaten ein Exempel statuiert. Weitere Militär- oder Geheimdienstangehörige sollen davon abgeschreckt werden, Mannings mutigem Beispiel zu folgen und Machenschaften aus den Bereichen der US-Außen- und Sicherheitspolitik zu enthüllen.

Vor dem Tor des Militärgeländes von Fort Meade hatten sich seit dem frühen Morgen zahlreiche Unterstützer Mannings mit Plakaten und Transparenten versammelt, um »Free Brad« und »Schluß mit den Kriegen!« zu fordern. An zahlreichen Orten der USA, Europas und Australiens kam es nach dem Urteil zu spontanen Kundgebungen, so vor der US-Botschaft in London. In Berlin ist für heute um 17 Uhr eine Kundgebung vor der Botschaft der USA am Brandenburger Tor angekündigt.
Die Kommunistische Partei Luxemburgs (KPL) forderte die Regierung ihres Landes auf, sich bei den Behörden der USA für die Freilassung Mannings einzusetzen. Statt diesem gehörten Kriegsverbrecher wie die US-Hubschrauberbesatzungen hinter Gitter, deren Verantwortung für die Ermordung unschuldiger Zivilisten in Bagdad Manning aufgedeckt hatte. »Die Verurteilung des Whistleblowers Bradley Manning zu einer langjährigen Haftstrafe widerspricht jeglichem Verständnis von Demokratie und Gerechtigkeit«, kritisierte auch die Linke-Bundestagsabgeordnete Karin Binder. »Im Gegensatz zu den eigentlichen Tätern, den Todesschützen und deren Vorgesetzten, die sich weiterhin unbehelligt von Justiz und Strafverfolgung ihrer Freiheit erfreuen, wird derjenige, der die Taten öffentlich gemacht hat, seiner Freiheit beraubt.«
Das Urteil gegen Bradley Manning folgt der Logik des Systems: Während der Militärgeheimdienst NSA einräumt, mit seinem Heer von Zehntausenden Spezialisten in der Lage zu sein, drei Viertel der Internetverbindungen in den USA – und damit der Welt – zu überwachen, wird mit Manning ein Whistleblower abgestraft, der es gewagt hat, einen minimalen Bruchteil von dem an die demokratische Öffentlichkeit zu bringen, was Obamas Schnüffler Tag für Tag dienstlich »enthüllen«. Er hat damit nicht »Spionage« betrieben, wie ihm vorgeworfen wird, sondern Gegenspionage im Interesse der Mehrheit der friedliebenden Weltbevölkerung. Manning wollte vor allem seinen Landsleuten die Augen öffnen über die Kriegsgreuel in Irak und Afghanistan, die elende Lage der gesetzwidrig festgehaltenen Häftlinge im US-Militärgefängnis Guantánamo Bay und das hinterhältige Ränkeschmieden der US-Diplomatie. Genau deshalb wird er bestraft.
Wäre er hingegen als Nachrichtenanalyst der US-Armee weiter in Bagdad stationiert geblieben und hätte auf Befehl die sogenannten bewaffneten Oppositionellen, also die Söldner diverser Terrororganisationen, in Syrien, mit Informationen für einen »regime change« in Damaskus versorgt, wie es die CIA seit einiger Zeit offiziell tut, säße er nicht seit über drei Jahren und für die nächsten Jahrzehnte im Gefängnis. Statt dessen wäre ihm irgendwann eine Belobigung durch seinen Präsidenten sicher gewesen, der seit Jahren völkerrechtswidrig die Zivilbevölkerung in Somalia, Jemen und Pakistan mit seinen Morddrohnen terrorisieren läßt.
Das Urteil gegen Manning ist zukunftsweisend im Sinne einer Warnung an alle, Vorsicht walten zu lassen, wenn man sich mit Obamas Achse des Bösen zwischen Pentagon, NSA und CIA anlegt. Es hat auch gezeigt, daß Whistleblower wie der Ex-NSA-Mitarbeiter Edward Snowden und Wikileaks-Gründer Julian ­Assange gut daran tun, sich dem Zugriff der US-Behörden zu entziehen.
Wikileaks-Sprecher Kristinn Hrafnsson spricht in diesem Zusammenhang bereits von einem »Aufstieg des Faschismus in den USA und Großbritannien«. Im Interview mit dem russischen Fernsehsender RT zeigte er sich überzeugt, daß Urteile wie das gegen Manning oder Übergriffe auf Zeitungen wie den britischen Guardian nicht verhindern können, daß mutige Menschen auch weiterhin Verbrechen aufdecken. Wikileaks reagierte am späten Dienstag abend auf die Nachricht, daß die Londoner Tageszeitung auf Druck des britischen Geheimdienstes Computerfestplatten zerstören mußte, indem die Plattform nach eigenen Angaben alle auf den Rechnern gespeicherten Dateien im Internet zum Download bereitstellte.
Einem Bericht des britischen Independent zufolge war der britische Premierminister David Cameron persönlich in die Aktion gegen den Guardian eingebunden. Er habe den Leiter des Cabinet Office, Jeremy Heywood, angewiesen, Druck auf das Blatt auszuüben, um weitere Enthüllungen zu verhindern. Regierungskreise bestätigten den »Kontakt«. Es habe sich jedoch nicht um eine Bedrohung gehandelt.

Artikel aus der jungen Welt: http://www.jungewelt.de/2013/08-22/058.php