Allein im letzten Quartal dieses Jahres präsentierten die euphemistisch »Karriereberater« genannten Soldaten bei rund 170 Berufs- und Ausbildungsmessen den »Arbeitgeber Bundeswehr«, traten an mehr als 60 Schulen und Hochschulen auf und besuchten fast 240 Mal die Jobcenter und Berufsinformationszentren der Arbeitsagentur. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervor.
Für seine derzeit laufenden Rekrutierungskampagnen hat das Bundesverteidigungsministerium (BMVg) Profis aus der Werbebranche engagiert. 2015 erhielt die Düsseldorfer Agentur »Castenow Communications« eigenen Angaben zufolge den Auftrag, das Militär als »besonders sinnstiftenden und qualifizierenden Arbeitgeber (zu) positionieren«. Unter dem Motto »Mach, was wirklich zählt« gebe man deshalb »provokante Denkanstöße über Sinn und Vorurteile in unserer Gesellschaft und Arbeitswelt« und stelle die »vielfältigen Berufe und Entwicklungsmöglichkeiten bei der Bundeswehr« vor, ließ das Unternehmen verlauten. Nicht zuletzt auf Großflächenplakaten sieht man seither landauf landab unter anderem angespannt dreinblickende junge Menschen in Flecktarnuniform, ein jeder mit dem Finger am Abzug seines Sturmgewehrs. Der zugehörige Werbetext behauptet, die Abgebildeten würden bei der Truppe etwas »fürs ganze Leben lernen« – womit nach Lage der Dinge nur die Befähigung zum Morden gemeint sein kann.
Das neueste Produkt aus dem Hause Castenow ist die seit November auf einem vom BMVg eingerichteten Youtube-Kanal zu sehende Webserie »Die Rekruten«, die zwölf angehende Soldaten während ihrer Grundausbildung an der Marinetechnikschule in Parow zeigt. Medienberichten zufolge ist die »Reality-Doku«, die inklusive begleitender Werbung rund acht Millionen Euro gekostet hat, ein voller Erfolg. Nach nur etwas mehr als einem Monat verzeichne sie bereits 250.000 Abonnenten, und die gezeigten Videos seien insgesamt fast 22 Millionen Mal abgerufen worden, heißt es. Laut Spiegel haben mehrere Fernsehsender Interesse an einer Übernahme der Propagandashow bekundet.
Kritiker indes bezweifeln, dass die Serie tatsächlich wie von Castenow behauptet den Alltag bei der Truppe »authentisch« wiedergibt. Zum Beleg verweisen sie auf zahlreiche bei Youtube zu findende Videos, die Bundeswehr-Soldaten dort hochgeladen haben. Hier ist zu sehen, wie Rekruten Witze über Schwule reißen, Frauen beleidigen, »Kameraden« schikanieren, Hinrichtungen nachstellen oder den Hitlergruß zeigen. Wer wirklich etwas »fürs ganze Leben lernen« will, sollte sich das anschauen.

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