Buenos Aires. Mehr als 100 Teilnehmer haben bei einer internationalen Konferenz in Argentinien über die Rolle der NATO in Lateinamerika vor einer weiteren Militarisierung durch die Allianz gewarnt. Als Hauptgefahren für die friedliche Entwicklung der Länder der Region nannten die Teilneher die Militärbasen der USA in Lateinamerika. „Sie sind Sprungbrett für Interventionen und konterrevolutionäre Putsche – ob soft wie in Paraguay oder brutal wie in Honduras“, sagte der ehemalige Wirtschaftsminister Ecuadors, Pedro Páez. Die reaktivierte und mit Atomwaffen ausgestattete Vierte Flotte der USA stelle eine permanente Kriegsgefahr dar.
Die Konferenz wurde vom internationalen Netzwerk „No to War – No to NATO“ gemeinsam mit der argentinischen Versammlung zur Verteidigung der Menschenrechte, der ältesten Menschenrechtsorganisation Lateinamerikas, und dem mexikanischen Think-Tank „Internationale Lateinamerikanische Studien“ organisiert.
„Wir wollen nie wieder ausländische Truppen“, sagte Mayra Gómez, Vertreterin des Internationalen Friedensbüros (IPB) aus Bolivien. Besonders der Rüstungsexport und der Waffenhandel, der dem Kontinent wichtige Ressourcen entziehe, müsse beendet werden. Nur so sei die Fortsetzung einer eigenständigen, auf weitere soziale, ökologische, ökonomischen Umgestaltung des Kontinents zielenden Entwicklung möglich.
In einer eindrucksvollen Eröffnungsrede verwies der Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel auf die begonnene historische Befreiung des Kontinents nicht nur vom Kolonialismus, sondern auch vom weltweiten Neoliberalismus. „Von Lateinamerika geht ein Wind des Wechsels aus“, sagte Pérez Esquivel, „und nur die äußerste militärische Brutalität, für die auch die NATO steht, kann diese Entwicklung der Völker stoppen.“
In zahlreichen Diskussionsbeiträgen analysierten Experten aus Wissenschaft und Friedenbewegung die politische und soziale Situation in ihren Ländern. „Die Gefahr für den Frieden ist groß, auch wenn Frau und Mann das auf den ersten Blick nicht vermuten“, sagte die argentinische Friedensaktivistin Rina Bertaccini.
Immer wieder tauchte die Forderung nach der bedingungslosen Rückgabe der von Großbritannien besetzten Malwinen (Falklandinseln) auf. „Diese koloniale Beleidigung aller lateinamerikanischen Völker muss beendet werden“, sagte der Sprecher der Kontinentalen Sozialen Allianz, Enrique Daza. Herausgearbeitet wurde die neue Rolle der Inseln als Militärstützpunkt, Interessen in der Arktik und zum „Schutz“ der Seewege besonders auch der durch die Klimaveränderung hervorgebrachten neuen Seerouten.
„Wir haben in unseren neuen Verfassung den Frieden verankert“, hob Beverly Keene von der Organisation Jubilee South aus Argentinien hervor. Sie verwies darauf, dass in den Verfassungen unter anderem von Ecuador, Bolivien und Argentinien ein Verzicht auf Nuklearwaffen und die friedliche Lösung von Konflikten festgeschrieben ist. Diesen friedlichen Entwicklungen, die sich auch in der internationalen Politik vieler lateinamerikanischen Ländern widerspiegelt, steht ein hoher Grad von innerer Militarisierung durch einen nach wie vor starken Einfluss des Militärs in die gesellschaftlichen Entwicklungen gegenüber.
Die lateinamerikanischen Teilnehmer betonten die grundlegenden Veränderungen, die gegen einen wachsenden äußeren aber auch inneren Militarismus verteidigt werden müssten. Die Putsche in Paraguay und Honduras aber auch die Putschversuche in Bolivien und Ecuador sollten zu äußerster Wachsamkeit mahnen. „Lateinamerika steht wieder einmal am Scheideweg“, sagte Páez.