In Bezug auf die Corona Pandemie zeigt sich wieder einmal ganz deutlich, wie ungerecht Geflüchtete behandelt werden. Statt die Refugees in der Unterkunft in Halberstadt (Sachsen-Anhalt) vor Corona zu schützen, sei es durch ausreichend Schutzausrüstung und Hygieneartikel oder durch dezentrale Unterbringung, werden sie willkürlich eingesperrt und dem Virus ausgesetzt. Dagegen wehren sich die Geflüchteten. Seit dem 4. April um 12 Uhr befinden sich rund 100 von ihnen im Hungerstreik.
Perspektive Online berichtet
„Seit heute um 12 Uhr befinden sich rund 100 Geflüchtete in Halberstadt im Hungerstreik. Der Grund: Die Betreiber ihrer Unterkunft sperrten sie zu Hunderten ein und nannten das „Quarantäne“, ohne jede Möglichkeit, sich und andere vor Infektionen zu schützen – und das, obwohl laut MDR mittlerweile 30 Personen positiv auf Corona getestet wurden. Bei dem Protest kam es zu Gewalt von Security-Kräften gegen Geflüchtete. Ein Augenzeuge berichtet:
In der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber (ZASt) in Halberstadt (Sachsen-Anhalt) eskaliert die Lage seit heute Mittag. Die gesamte Unterkunft befindet sich seit circa einer Woche in „Quarantäne“: zu Hunderten sind die Refugees in Gebäuden „eingesperrt“ und dürfen das Gelände nicht verlassen.
Einzelne Absperrgitter und Zäune des Massenlagers mit rund 950 Geflüchteten wurden von BewohnerInnen niedergerissen. Securities haben verbotene Schlagringe benutzt. Eine schwangere Frau wurde von einem Sicherheitsmann mit Schlagring geschlagen und benötigt ärztliche Versorgung.
Die Polizei setzt bereits Hubschrauber ein. Ein Teil der Geflüchteten ist seit 12 Uhr im Hungerstreik. Sie fordern Hygieneartikel, Nahrungsmittel und eine dezentrale Unterbringung für Schwangere, Alleinerziehende, Ältere und Familien. Außerdem fordern sie die Auflösung der ZASt, die sie als „Gefängnis“ (prison) bezeichnen.
Außerdem richteten sie sich mit einem Brief an die Öffentlichkeit. Wir haben ihn übersetzt:
Würde für Flüchtlinge
Seit dieser Woche sind wir, die Bewohner des Lagers ZASt in Halberstadt, in Quarantäne. Deswegen haben wir in keiner Weise Zugriff auf irgendetwas, was nötig wäre, um uns vor Infektionen zu schützen. Seit einer Woche sind 10 oder 20, vielleicht mehr (die genaue Statistik kennen wir nicht) infiziert. Die Infizierten wurden aus dem Lager genommen, aber sie haben alles hier berührt, deswegen kann sich der Virus hier schnell verbreiten.
Jetzt werden wir als Geflüchtete unsere Forderungen an die entsprechenden Verantwortlichen richten. Außerdem gehen wir in den Hungerstreik. Der Hungerstreik beginnt heute, den 4. April 2020, und endet, wenn die Situation behoben wird.
Die Forderungen sind wie folgt
Würde für Flüchtlinge:
- Nahrungsversorgung muss für alle BewohnerInnen des Lagers zugänglich sein.
- Hygieneartikel, etwa Desinfektionsmittel, persönliche Hygiene, Sanitäranlagen, Einweghandschuhe, müssen für alle Asylsuchenden zur Verfügung stehen.
- Schnelle und bedingungslose Suche für Unterbringungen muss organisiert werden für die Älteren, Schwangeren und die, die sich um Kinder kümmern. Auch für die Kranken und für die, die noch nicht positiv auf Covid-19 getestet wurden.
- Der Transfer muss für alle möglich sein und die Schließung des großen Halberstadt-Gefängnisses muss in den nächsten zwei Wochen gewährleistet werden.“