Aufruf des Arbeitskreis Internationalismus zu den Aktionen gegen Heckler und Koch in Oberndorf:
In Kolumbien finden seit mehreren Monaten Massenstreiks und militante Proteste statt. Die Bevölkerung wehrt sich vereint gegen weitere Verschlechterungen ihrer Lebenssituation und die zunehmende Armut – verursacht durch immer neue neoliberale Reformen der Regierung.
Die Proteste werden mit deutschen Waffen niedergeschlagen. Die Polizei fährt auf ihren Motorrädern, schießt gezielt Demonstrant:innen nieder und macht Straßenzüge zu Blutbädern – unter anderem mit Pistolen von dem damals noch deutschen Rüstungskonzern Sig Sauer. In Mexiko wurden vor sieben Jahren 43 Studierende, die dabei waren ihren Abschluss als Lehrer:innen in einer marxistisch ausgerichteten Schule zu absolvieren, auf dem Weg zu Protesten gegen die korrupte Regierung überfallen und von der Regierung verschleppt.
Mit dabei im Einsatz – G36 Sturmgewehre von Heckler&Koch.
Ob Kolumbien oder Mexiko, ob Chile oder Iran, ob Indien oder Frankreich – es entstehen immer mehr soziale Kämpfe. Kämpfe, um das Wenige, was unserer Klasse noch zum Leben bleibt, was uns die Kapitalist:innen auch noch nehmen wollen. Die Menschen haben es satt, unter dem Deckmantel der vermeintlichen Freiheit und Demokratie in der kapitalistischen Krise kürzer zu treten, ihren Job zu verlieren oder nichts mehr zu Essen zu haben, während die nationale aber auch globale Bourgeoisie in der Krise immer reicher wird. Die Vermögen der Milliardäre befinden sich aktuell auf einem neuen Rekordstand. Die reichsten zehn Prozent besitzen zusammen rund 84 Prozent des gesamten Vermögens. Der Kapitalismus manövriert sich durch seine Profitlogik von Krise zu Krise, macht Kriege zu einer Notwendigkeit und zerstört durch die erzeugte Klimakatastrophe unseren Lebensraum. Es wird immer offensichtlicher, dass der Kapitalismus uns keine Zukunft bieten kann. Die Menschen, die auf die Straße gehen, wollen sich eine Lebensperspektive erkämpfen, die ihnen dieses System schon längst nicht mehr bieten kann. Das soziale Kämpfe eine Gefahr für die bestehenden Verhältnisse sind, wissen auch die Kapitalist:innen und sie reagieren mit der konsequenten Bekämpfung derjenigen, die sich für einer Welt ohne kapitalistische Ausbeutung und quasi koloniale Verhältnisse einsetzen.
Viel zu oft schauen die Menschen am Ende in den Lauf der Waffen derjenigen, die sie unterdrücken. Und immer häufiger sind diese Waffen „Made in Germany“. Denn Deutschland hat kein Interesse daran, dass irgendwo auf der Welt soziale Bewegungen erstarken. Im Gegenteil: Bei ihrer Bekämpfung ist Unterstützung selbstverständlich. Beispielsweise wurden deutsche Polizei-Einsatzleiter nach Chile geschickt, um die Regierung bei der Aufstandsbekämpfung zu beraten. Austausch von Know-How und das Ausprobieren von Waffensystem im Ausland, sind aber auch für den Aufbau der Reppressionsapparate hierzulande hilfreich – um unsere Klasse bei aufkommenden sozialen Protesten effektiv zu bekämpfen. Zudem freut sich die Rüstungsindustrie, als ein wichtiger Eckpfeiler des deutschen Imperialismus, über volle Auftragsbücher und fette Renditen aus dem „krisensicheren“ Geschäft.
Gerade ist Deutschland dabei die Bundeswehr – finanziell als auch personell – ordentlich aufzurüsten. Denn die Zeiten, in denen die Weltmachtposition der USA als unanfechtbar galt, neigen sich langsam dem Ende zu und für Deutschland eröffnet sich damit die Möglichkeit vermehrt eigene Interessen – die teilweise nicht mit denen der USA übereinstimmen – zu verfolgen und somit den deutschen Imperialismus zu stärken. Der US-Imperialismus musste harte Niederlagen einbüßen und das merken auch Deutschland und die anderen Imperialisten. Statt „keine Alleingänge ohne die USA“ heißt die neue Kursrichtung der BRD mehr „Selbstbewusstsein und Eigenverantwortung“. Die Verhandlungen über die russische Pipeline Nordstream 2 – wobei die USA nach Sanktionsdrohungen wieder zurück gerudert sind – zeigen, dass sich die BRD ein Stück eigenständigen Handlungsspielraum verschafft.
Mit dem Ende des Afghanistan-Einsatzes endet auch die strategische Ausrichtung der USA durch ihren „War on Terror“ die globale imperialistische Dominanz auszuweiten und zu festigen. Stattdessen rückt China als ernstzunehmender Konkurrent, der die seit dem 2 Weltkrieg bestehende Weltmachtposition der USA in Frage stellt, in den Fokus. Chinas Eindämmung macht eine Neuausrichtung der militärischen Kräfte nötig. Die genauen Entwicklungen – welches Ausmaß die militärischen Auseinandersetzungen annehmen werden – sind noch nicht genau abzusehen. Was wir jedoch heute schon beobachten können ist, dass die USA einen aggressiven Kurs gegen China fährt und versucht die NATO gegen den Konkurrenten zu vereinen – wobei sie auf heftige zwischen-imperialistische Widersprüche stößt. Das US-Verteidigungsministerium bereitet sich bereits heute auf die Konfrontation mit China vor. Wir wissen auch nicht wie sich die verschiedenen Großmächte in einem möglichen Konflikt genau verhalten und positionieren werden. Auch hier gibt es zahlreiche Widersprüche. Deutschland hat beispielsweise zwar als logische Folge aus der historischen Verbundenheit mit den USA, auf politischer, wirtschaftlicher und kultureller Ebene, die Fregatte Bayern in den indo-pazifischen Ozean entsandt – und damit ein klares Statement gesetzt – zugleich pflegt die deutsche Industrie beste Wirtschaftsbeziehungen mit China. Was wir jedoch wissen ist, dass sich auch die BRD versucht in dieser Gemengenlage eine möglichst gute Stellung zu verschaffen und ihren Einfluss auszuweiten – vorrangig mittels der EU als Instrument um Kräfte unter ihrer Führung zu bündeln.
Von steigender Kriegsgefahr durch die kapitalistische Krise und sich verschiebenden Kräfteverhältnissen zu hören, freut den Rüstungskonzern Heckler&Koch in Oberndorf besonders. Denn er profitiert seit Jahrzehnten von den imperialistischen Kriegen Deutschlands und blickt auf eine lange Firmengeschichte – inklusive Rüstungsproduktion während des Zweiten Weltkriegs – zurück. Zwei der Gründungsmitglieder waren selbst Faschisten und Mitglieder der NSDAP. Der Einsatz von Zwangsarbeiter:innen im Werk und die Ausstattung der Faschisten mit Waffen machen klar, dass Heckler&Koch nicht nur am Rande beteiligt, sondern aktiver Teil der faschistischen Vernichtungsmaschinerie war und mitverantwortlich für den Holocaust ist. Mit derartigen „Geschäften“ wirtschaften sich die Bosse und Aktionär:innen die Taschen voll. Doch Waffen sind nicht nur – wie andere Güter im Kapitalismus – Waren, mit deren Verkauf Profite erzielt werden, sondern haben auch eine besondere strategischen Bedeutung für den Imperialismus.
Am 8. Oktober wollen wir Heckler&Koch blockieren! Gemeinsam mit dem Rheinmetall-Entwaffnen Bündnis fahren wir in das vermeintliche beschauliche Oberndorf um die Kriegsprofiteure zu stören und die Produktion für einen Tag lahmzulegen.
Heckler&Koch blockieren bedeutet, sich weltweit mit fortschrittlichen Kräften zu solidarisieren und den Kampf für eine befreite Gesellschaft als unseren Kampf zu begreifen. Wenn wir hier vor Ort Heckler&Koch blockieren, sorgen wir dafür, dass wenigsten an diesem einen Tag keine Waffen geliefert werden, mit denen woanders fortschrittliche Proteste niedergeschossen werden. Zum Beispiel bei den Zapatistas in Mexiko, die mit einer Delegation nach Europa kommen. Die indigene Gruppe hat sich im Kampf gegen Kolonialismus, in heftigen Auseinandersetzung mit dem Staat, bei denen es immer wieder zu Massakern kam, befreite Gebiete in Chiapas erkämpft. Seit 1994 organisieren sie sich basisdemokratisch in Räten, wobei Frauenbefreiung und Schutz der Natur an erster Stelle stehen. Sie kommen auch nach Deutschland und wir haben die Möglichkeit gemeinsam auf die Straße zu gehen, uns auszutauschen und voneinander zu lernen.
Internationale Solidarität bedeutet aber auch den deutschen Imperialismus als Ganzes anzugreifen. Den aktuellen Entwicklungen – auf nationaler als auch internationaler Ebene – wollen wir nicht tatenlos zusehen, sondern müssen die Gefahren sichtbar machen, die Rolle Deutschlands verstehen und skandalisieren aber auch die verantwortlichen Akteure direkt konfrontieren. Wir müssen dem deutschen Imperialismus als Antimilitarist:innen entgegentreten und klar stellen – Rüstungsexporte und Bundeswehr-Einsätze sind niemals im Interesse unserer Klasse, sondern bedeuteten ungehinderte Ausbeutung für deutsche Kapitalist:innen, überall dort wo die BRD ihre bewaffneten Handlanger hin sendet. Um eine wirksame antimilitaristische Bewegung aufzubauen, müssen wir uns organisieren und uns langfristig in Strukturen zusammenschließen. Nur so können wir dieses System überwinden und haben eine Aussicht auf eine befreite Gesellschaft ohne Krieg und Militarismus. Lasst uns den Aktionstag nutzen und die antimilitaristische Bewegung aufbauen. Lasst uns internationale Solidarität praktisch machen und gemeinsam Heckler&Koch blockieren.
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