Rüstungsausgaben weltweit
SIPRI-Bericht 2019: Neuer Höchstwert bei globaler Aufrüstung. Deutschland verzeichnet größten prozentualen Anstieg
Von Ina Sembdner in der Jungen Welt
Deutschland hat im Jahr 2019 nicht nur zum vierten Mal in Folge den weltweit größten Handelsüberschuss erzielt, sondern sich gleich auch noch die unrühmliche Spitzenposition im globalen Aufrüsten gesichert. Dies geht aus dem am Montag veröffentlichten Bericht des Friedensforschungsinstituts SIPRI hervor, der festhält, dass sich die deutschen Rüstungsausgaben im abgelaufenen Jahr um zehn Prozent auf 49,3 Milliarden US-Dollar erhöht haben – der größte prozentuale Zuwachs unter den Top-15-Staaten. Ganz zur Zufriedenheit von NATO und US-Präsident Donald Trump, die kontinuierlich eine Aufstockung gefordert hatten. Damit überholte die BRD Großbritannien und Japan und liegt nun im weltweiten Vergleich der Militärausgaben auf Rang sieben.
Insgesamt beliefen sich die Ausgaben für Kriegsgerät global auf 1.917 Milliarden US-Dollar – ein Anstieg von 3,6 Prozent, die fünfte jährliche Steigerung in Folge und der neue Höchstwert seit Beginn vergleichbarer SIPRI-Aufzeichnungen im Jahr 1988. Maßgeblich dazu beigetragen haben die USA, die gegenwärtig – trotz dramatischer Entwicklung der Coronakrise im eigenen Land – mit ihrer militärischen »Potenz« vor der Küste Venezuelas aufwarten, um die Regierung von Präsident Nicólas Maduro mit Kriegsgebaren in die Knie zu zwingen, oder auch im Persischen Golf einen militärischen Konflikt mit dem Iran provozieren. Washington hat 2019 rund 732 Milliarden US-Dollar in die Aufrüstung gesteckt, das entspricht einem Anstieg um 5,3 Prozent zum Vorjahr und den Ausgaben der zehn darauffolgenden Staaten zusammen. Für den SIPRI-Forscher Nan Tian lasse sich vor allem in den vergangenen beiden Jahren eine starke Steigerung der US-Rüstungsausgaben beobachten.
Zwar gehen die Friedensforscher unter Verweis auf die Finanzkrise 2008/2009 davon aus, dass durch die Coronakrise der Höchststand für Rüstungsausgaben erreicht sei, für die BRD lässt sich aber schon jetzt festhalten, dass auch in Pandemiezeiten fleißig an der Weiteraufrüstung gearbeitet wird. Erst vergangene Woche hat Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) bezüglich der Nachfolge für die als veraltet geltende »Tornado«-Kampfjetflotte Nägel mit Köpfen gemacht. Im Verteidigungsausschuss im Bundestag warb sie für ihren anvisierten milliardenschweren Plan, in den kommenden Jahren bis zu 93 »Eurofighter« sowie 45 »F-18«-Kampfflugzeuge des US-Herstellers Boeing anzuschaffen. Letztere sollen vor allem die »nukleare Teilhabe« der BRD sicherstellen, also das Tragen US-amerikanischer Atombomben. Wie die außenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke, Sevim Dagdelen, am 24. April erklärte, sei es »unverantwortlich, dass mit der Neuanschaffung von rund 140 Kampfjets die Profite US-amerikanischer, europäischer und deutscher Rüstungskonzerne gesichert werden sollen, auf Kosten des Gesundheitswesens, wo die Milliarden Euro dringend gebraucht werden«.
Erstmals in der Geschichte nehmen hinter den USA mit China und Indien zwei asiatische Länder Plätze unter den Top drei der Rangliste ein. Für Friedensforscher Tian ist klar, dass China seit langem die Ambition hege, »mit den USA als eine globale Supermacht zu konkurrieren«. Dass Washington jedoch einen Wirtschaftskrieg mit der Volksrepublik vom Zaun gebrochen hat und jede Möglichkeit der militärischen Einkreisung im asiatischen Raum forciert, bleibt unausgesprochen.