Es ist #kein Einzelfall, dass sich rechte Netzwerke in der Bundeswehr verwurzeln und bestehen können. Es ist #keinEinzelfall, dass vereinzelte sexistische Rituale und sexuelle Übergriffe und Gewalt öffentlich werden, während eine hohe Dunkelziffer im verborgenen bleibt. Es ist #keinEinzelfall, dass die Bundeswehr mit einem Kontingent von 20 000 Soldaten im Inneren eingesetzt werden.
Den heutigen Tag haben wir genutzt, um einen antimilitaristischen Stadtspaziergang zu organisieren und deutlich zu machen, dass die Bundeswehr im Inneren, noch sonst wo was zu suchen hat. In vielen Kleingruppen haben wir in der gesamten Innenstadt Plakate aufgehangen und haben Inhalte wie „Für die Sicherheit: Bundeswehr abschaffen“ auf den Boden gesprüht. Mit Schildern haben wir Vergleiche aufgezogen, wieviel in das Militär investiert wird, während das Geld besser im gesellschaftlichen Leben aufgehoben wäre. Interessierte PassantInnen haben die Plakate durchgelesen und Flyer entgegen genommen.
Die Arbeit zur Bundeswehr im Inneren ist für uns als Antimilitarist*innen wichtig, daher haben wir für die heutige Aktionen einen Text verfasst, der nochmal auf die Bedeutung und die Gefahren dieser eingehen.
Bundeswehr im Inneren – Kein Einzelfall
FürEuchGemeinsamStark – Damit bewirbt die Bundeswehr ihren Einsatz gegen Corona. Inklusive eigener Webseite, Dokumentation und herzzerreißender Bildern von aufopferungsvollen Soldaten, die Einkaufstaschen an strahlende Senioren überreichen. Dass die Bundeswehr ihre Inlandseinsätze professionell in Szene setzt, ist keine Neuheit. Wann immer sich die Möglichkeit auftat, Befugnisse der Bundeswehr zu erweitern und diese fit fürs Inland zu machen, wurde dies genutzt. Der aktuelle Einsatz ist in seiner Größe, Dauer und Befugnisweite neu und stellt Weichen für die innere Militarisierung.
Remilitarisierung
Erstmals stellt die Bundeswehr ein dauerhaftes Kontingent von 20.000 Soldaten für Inlandseinsätze auf. Das Besondere: Dieses wird auch nach der Pandemie bestehen bleiben.
Inlandseinsätze der Bundeswehr begannen als Ausnahme. In den 60er Jahren war der Aufschrei groß, als die Bundeswehr bei einer Sturmflut eingesetzt wurde. Die Erinnerung von der militärischen Niederschlagung politischer Demonstrationen im Kaiserreich bis hin zu Gräueltaten der SS im Faschismus waren noch präsent. Eine gesellschaftliche Akzeptanz von Inlandseinsätzen musste somit erst wieder geschaffen werden. Naturkatastrophen wurden seitdem genutzt, um die Bundeswehr als Retterin in der Not in Szene zu setzen. Schleichend wurde dabei auch die rechtliche und strukturelle Basis für Einsätze im Inneren errichtet. Nicht zufällig im Jahr 1968, sondern gerade als Reaktion auf die 68er-Bewegung wurden Notstandsgesetze erlassen. Inklusive Grundgesetzänderung, die den Militäreinsatz gegen „drohende Gefahren“ zulässt. Ein Einfallstor für Einsätze gegen die eigene Bevölkerung. Die 60 jährigen Bemühungen aus der Ausnahme den Normalzustand zu machen finden nun in einem Dauerkontingent für den inneren Einsatz ihren Hochpunkt.
Zivil-militärische Verknüpfung
Es ist Normalität geworden, dass die Bundeswehr bei Naturkatastrophen eingesetzt wird. Warum, wenn doch zivile Akteure vorhanden sind, die dafür vorgesehen sind, im Katastrophenfall zu agieren? Etwa das Technische Hilfswerk, Rettungsdienste und Feuerwehren. Diese wurden systematisch kaputt gespart, während immer mehr Milliarden ins Militär fliesen. Bei Waldbränden, Schneemassen oder Hochwassern kommt die zivile Katastrophenhilfe zunehmend zur Erschöpfung. Und die Bundeswehr kann zunehmend zu Hilfe eilen und dabei sowohl ihr Image aufpolieren als auch die zivil militärische Zusammenarbeit pflegen. Eine Abhängigkeit des Rettungswesens vom Militär wird kaum noch als Problem gesehen.
Das während der Corona Pandemie auch das überlastete Gesundheitssystem von tausenden Soldaten unterstützt werden muss, zeigt welcher Stellenwert dem Gesundheitswesen beigemessen wird – und welchen das Militär einnimmt. Dies ist aber keine Verfehlung einzelner Regierungen. Dieses Problem ist wesentlicher Bestandteil des kapitalistischen Staats.
Militär – Mittel der Herrschenden
Apparate zur gewaltsamen Durchsetzung der herrschenden Ordnung gehören zum Staat, wie der Baumstamm zum Baum. Ohne sie kann ein Staat nicht bestehen, den sie sichern die Herrschaft der Herrschenden über die Beherrschten ab. Insbesondere für die kapitalistische Gesellschaft sind Militär, Polizei und Geheimdienst unerlässlich: Denn die Herrschenden sind eine schrumpfende Clique von Kapitalisten, die eine wachsende Mehrheit der Bevölkerung ausbeutet. Ein ungerechtes System, dass sich von Krise zu Krise verschärft.
Aktuell befinden wir uns in einer Wirtschaftskrise. Es kommt zu Werkschließungen und Jobabbau, Mietsteigerungen und Kurzarbeit ohne Lohnausgleich. Aus dieser Unzufriedenheit heraus können soziale Kämpfe entstehen.
Diese können zwar zu Zugeständnissen und Errungenschaften führen. Vorher sind sie aber immer erst mit Repression konfrontiert. Gerade in Krisen ist dabei der Einsatz von Militär verlockend. Ein Blick in andere Länder zeigt, dass Militärs in den Straßen nicht in der Vergangenheit bleiben müssen. Innere Militarisierung ist weitreichend. Sie fängt mit „harmloser“ militärischer Präsenz an, bereitet üblicherweise Aufstandsbekämpfung vor, ebnet im ärgsten Fall den Weg zu militärischer Kontrolle unserer Städte.
In den letzten Jahrzehnten bemühten sich die Bundesregierungen sehr, die Bundeswehr für den Kampf im Inneren fit zu machen. Gesetzesänderungen und PR-Kampagnen schafften Legitimität. Auch technisch rüstet die Bundeswehr für den Kampf im urbanen Raum. Für ihre Einsätze trainiert die Bundeswehr auf dem Gefechtsübungszentrum (GÜZ) in Sachsen-Anhalt, dem modernstes seiner Art in Europa. Dort wird die Attrappenstadt Schnöggersburg – inklusive künstlichem Flusslauf, Flugplatz und 520 Gebäuden, darunter Hochhäuser, Schule, Stadion, Altstadt und Industriegebiet – gebaut. Kommendes Jahr soll die Attrappenstadt fertig gestellt werden. Bereits jetzt trainiert die Bundeswehr in „Baladia City“, der urbanen Attrappenstadt der israelischen Armee.
Auf dem Truppenübungsplatz Heuberg wurde 2019 BWTEX durchgeführt – zusammen mit Rettungsdiensten, THW, Feuerwehr und Landespolizei.
Ein weiterer Baustein der inneren Militarisierung ist die Verzahnung der Bundeswehr mit zivilen sowie weiteren staatlichen Akteuren. Insbesondere die Zusammenarbeit mit der Polizei wird vorangetrieben.
Militarisierung der Polizei
Die Zusammenarbeit findet auf diversen Ebenen statt. Behörden | Territorialkommandos. In diversen Krisen- und Einsatzstäben sitzen und entscheiden Polizei und Bundeswehr zusammen. So verschwimmt die Trennung zwischen Militär und Polizei zunehmend. Mit Übungen wie GETEX oder BWTEX werden auch gemeinsame Einsätze erprobt.
Auch die Polizei selbst wird militarisiert. Mit den Neuauflagen der Polizeigesetze haben sich die Bundesländer in den letzten Jahren ein Rennen um die repressivsten Neuerungen geliefert. Zusätzliche Befugnisse, neue Ausrüstung, mehr Einsatzmittel und Bewaffnung, schwerbewaffnete Spezialeinheiten, weitgehende Überwachungs- und Kontrollmöglichkeiten wurden geschaffen Beispielhaft genannt seien nur: Taser, Handgranaten, CCTV, Onlineüberwachung, BFE+, Unendlichkeitshaft, Gefährdergesetz.
Angeblich sind all diese Maßnahmen für unsere eigene Sicherheit gedacht. Wie das funktionieren soll erschließt sich in den wenigsten Fällen. Aber militärisches Management der in Deutschland lebenden Menschen wird offensichtlich einfacher.
Das die deutsche Polizei nicht nur Interesse sondern auch Erfahrung im Bekämpfen sozial Bewegungen haben, zeigt sich auch in Chile, wo deutsche Beamte beratend tätig sich.
Daher gilt es schon heute die Militarisierung und die Aufstandsbekämpfung von morgen zu verhindern!
Dies ist nur möglich mit einer starken antimilitaristischen Bewegung.
Darum werdet aktiv!


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