Heute, am Tag gegen Gewalt an Frauen, haben wir eine Aktion in der Stadt gemacht um auf patriarchale Verhaltensweisen und sexualisierte Gewalt in der Bundeswehr aufmerksam zu machen. Wir haben an vier Plätzen in der Stadt Wäscheleinen mit Plakaten, Frauenunterwäsche und Tampons aufgehängt. Hierzu noch ein Text zum lesen.

Sexismus in der Bundeswehr #KeinEinzelfall

Sexismus in der Bundeswehr ist kein Einzelfall. Seit mehreren Jahren steigen die Zahlen der bekannt gewordenen sexuellen Übergriffe in der Bundeswehr. Der Jahresbericht der Wehrbeauftragten berichtet von sexueller Belästigung und Übergriffen. Allein im Jahr 2019 gab es 345 Meldungen von sexueller Belästigung und Übergriffe in der Bundeswehr. Ungefähr die Hälfte aller Soldatinnen hat sexuelle Belästigung bei der Bundeswehr erfahren. Von diesen sind über drei Prozent von sexualisierter Gewalt betroffen. Man muss annehmen, dass die Dunkelziffer deutlich höher liegt.

Häufig handele es sich dabei um übergriffige Berührungen zum Beispiel des Gesäßes oder der Brüste von Soldatinnen. Sexuelle Belästigung könne auch vorliegen, wenn jemand Bilder und Videos mit sexuellem Inhalt in WhatsApp-Gruppe teile. In einem Fall legte sich ein Soldat zu einer schlafenden und betrunkenen Soldatin ins Bett und rieb sein Glied an ihrer Vagina.

Ein anderes Beispiel aus dem Jahr 2017. In der Staufer Kaserne in Pfullendorf mussten Soldatinnen sexistische und übergriffige Rituale über sich ergehen lassen. Die Soldatinnen mussten sich nackt vor ihren Vorgesetzten ausziehen, anfassen und filmen lassen. Auch das Einführen von Tampons in den After zählte zu einer „medizinischen Übung“. Diese Beispiele zeigen wie normalisiert solche Praktiken mit sexualisierter Gewalt in der Bundeswehr sind.

Trotz steigender Zahlen relativiert die Wehrbeauftragte des deutschen Bundestages Eva Högl, diese Übergriffe und stellt fest, dass „es bei einem erhöhten Alkoholkonsum – wie auch im Rest der Gesellschaft – zu vermehrten sexuellen Belästigungen kommt“. Ein strukturelles Problem mit Sexismus sieht sie nicht.

Das gezielte Werben von Frauen begründet die Bundeswehr selbst mit der Gleichberechtigung von Frauen. Die eigentliche Motivation liegt jedoch mehr bei dem Personalmangel. Bislang ist der Anteil der Soldatinnen auf rund 12,8% (Stand 2019) gestiegen, während die Zahl der Soldaten im gesamten abgenommen hat.

Dabei zeigt die Bundeswehr selbst in dem Versuch Frauen für die Bundeswehr zu rekrutieren, welches Frauenbild in ihr vorherrscht. Vor einiger Zeit erschien die Serie „Rekrutinnen“. Der Inhalt dieser bestand mehr aus Beauty- und Styling-Tipps, als darum wie Frauen in der Bundeswehr einen Umgang mit Sexismus finden.

Die Bundeswehr ist eine Institution in der Soldaten zu einer kampfbereiten Maschinerie ausgebildet werden, dessen Elemente aus Korpsgeist, toxische Männlichkeit, Stärke und Überlegenheit bestehen. Die Bundeswehr als Militärapparat der Bundesrepublik fördert allein mit ihrer Existenz Sexismus.

Ein Umfeld von gewaltgeprägter Männlichkeitskultur schafft sexuelle Übergriffe und Praktiken und fördert das Vertuschen und Verdecken von Übergriffigkeiten und sexualisierter Gewalt.

Wo Soldaten als „Helden“ und „krasse Typen“ glorifiziert werden, sind Frauen nicht mehr als ein Objekt. Innerhalb dieser patriarchalen Strukturen gelten Frauen grundlegend als körperlich und mental unterlegen und erfahren wenig bis gar kein Respekt durch ihre männlichen Kollegen. Bei einer Befragung von Soldaten, gaben 57 Prozent an, dass Frauen die Lage der Bundeswehr verschlechtern würden und bei den Kommando Spezialkräfte (KSK) sind Frauen ausgeschlossen.

Das Verhältnis von Militär und Geschlecht ist im Widerspruch zu einer einer fortschrittlichen gesellschaftlichen Stellung der Frau. Die Bundeswehr stellt den Nährboden für Sexismus und besteht aufgrund ihrer patriarchalen Basis. Eine Institution wie die Bundeswehr, die nur allein deswegen existiert, um geostrategische und wirtschaftliche Interessen eines imperialistischen Staates wie Deutschland zu vertreten. Durch ihre Kriege werden eine große Zahl an Menschen zur Flucht gezwungen oder sterben. Somit dient die Bundeswehr nicht dazu, eine bessere oder solidarische Gesellschaft zu ermöglichen, sondern verhindert genau diese. In der Gesellschaft, für die die Bundeswehr steht, spielt die Gleichberechtigung der Frau keine Rolle. Dies alles zeigt nur einmal mehr, dass die Bundeswehr abgeschafft gehört!

Sexismus findet nicht nur in der Bundeswehr statt sondern überall in der Gesellschaft. Darum ist es wichtig, dass wir dagegen gemeinsam vorgehen. Heute findet zum Tag gegen Gewalt an Frauen eine Kundgebung vom Aktionsbündnis 8. März statt, am Samstag gibt es dazu auch noch eine Demo.

Kundgebung: „Gewalt und sexualisierte Übergriffe am Arbeitsplatz“
25.11.2020 um 18:00 Uhr hinter dem Bahnhof Bad Cannstatt
Es sind nicht nur einzelne Männer, die Gewalt an Frauen* ausüben. Mitverantwortliche sind der Staat, die Medien, die Öffentlichkeit. Auch am Arbeitsplatz sind Frauen* immer wieder mit sexistischen Sprüchen und übergriffigem Handeln konfrontiert.
Mit einer Kundgebung sowie der Performance „Un violador en tu camino“ wollen wir auf die gesellschaftlichen und systematischen Ursachen von Gewalt gegen Frauen* aufmerksam machen und zeigen, dass wir diese
Zustände nicht länger schweigend hinnehmen werden.
Demonstration: „Gewalt gegen Frauen* ist Alltag – We fight back!“
28.11.20 um 16:00 Uhr am Schlossplatz, Stuttgart

Weltweit gehen Frauen* auf die Straßen, um für eine Gesellschaft zu kämpfen, in der Gewalt gegen Frauen* nicht mehr zum Alltag gehört! So wollen wir es auch hier in Stuttgart tun.
Wir sehen eine Demonstration als das außdrucksstärkste Mittel, um gemeinsam und kraftvoll Protest zu äußern. Gerade die Pandemie und die damit zusammenhängende steigende Gewalt gegen Frauen* hat uns nochmal
die Notwendigkeit vor Augen geführt, gegen Gewalt an Frauen* aktiv zu werden. Daher möchten wir so lange wie möglich an der Demonstration festhalten (natürlich mit geeignetem Hygienekonzept).

Für weitere Infos: Hier klicken