Die Bundeswehr versucht in Schulen immer mehr Fuß zu fassen. In Unterrichtseinheiten soll die Arbeit der Bundeswehr und die damit einhergehende Kriegspolitik als humanitäre, friedensstiftende Maßnahme vermittelt werden. Was Kriege jedoch wirklich bedeuten – all das Leid, Ausbeutung, Unterdrückung, Flucht durch zerstörte Infrastruktur, Angst und Traumatisierung der dortigen Bevölkerung und viele (zivile) Todesopfer – findet in solchen Vorträgen nur wenig Beachtung.
Seit 1958 arbeiten Jugendoffiziere in vielfältiger Weise an und mit den Schulen, um Jugendliche für einen Beruf als Soldat zu gewinnen und zu verpflichten.
Seit der Umstrukturierung im Jahr 2005 gibt es 16 Bezirksjugendoffiziere, die als Mittelsmänner zu den Kultusministerien, Schulen und Bildungseinrichtungen fungieren. Ihnen stehen 94 hauptamtliche Jugendoffiziere zur Seite, die die Termine wahrnehmen.
Daneben gibt es die Wehrdienstberater, die ebenfalls auf Einladung durch die Schulen, vor allem in Berufsschulen, Haupt- und Realschulen, über die Berufsmöglichkeiten bei der Bundeswehr informieren. Die Bundeswehr erreicht über Jugendoffiziere und Wehrdienstberater in Schulen, auf Messen und Ausstellungen – u.a. mit Diskussionen/Vorträgen, Podiumsdiskussionen, Seminaren/Tagungen oder Projektwochen jährlich rund 900.000 Jugendliche. Normal 0 21 false false false MicrosoftInternetExplorer4
In den Jahren 2007 bis 2010 gab es in den Staatlichen Seminaren für Didaktik und Lehrerbildung in Baden- Württemberg insgesamt 57 Fortbildungsveranstaltungen, an denen 1505 Lehramtsanwärterinnen und -anwärter teilnahmen. Mehr als die Hälfte der Veranstaltungen waren Pflichtveranstaltungen.
Hier wird die Stoßrichtung der Kooperationsvereinbarung deutlich. Es geht in erster Linie darum, Einfluss auf künftige Lehrkräfte zu bekommen, die als Multiplikatoren für die Bundeswehr besonders wichtig sind.
Die in acht Bundesländern abgeschlossenen Kooperationsvereinbarungen zwischen den Kultusministerien und der Bundeswehr ebnen den Jugendoffizieren verstärkt den Weg in die Schulen. Insbesondere seit der Aussetzung  der Wehrpflicht im Juli 2011 ist die Bundeswehr vermehrt auf Werbung und Öffentlichkeitsarbeit angewiesen, da neue Soldaten rekrutiert werden müssen.
In Baden-Württemberg wurde Ende 2009 eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen, woraufhin sich seitdem stetig Protest im Ländle regt. Seit Sommer 2010 engagieren sich mehr als ein Dutzend Gruppen und Organisationen in der Kampagne „Schulfrei für die Bundeswehr“ für die Rücknahme dieser Vereinbarung.
Etliche Abgeordnete der grün-roten Landesregierung hatten sich vor der Wahl für eine Kündigung ausgesprochen, die noch immer nicht umgesetzt ist.
So wirbt die Bundeswehr zunehmend auf Bildungsmessen, öffentlichen Plätzen, über
Plakate und Medien, sei es mit ihrem Karrieretruck, einem Werbestand oder einer Unterrichtseinheit.
Bei Werbeauftritten sind die Jugendoffiziere bemüht den Beruf des Soldaten als „normal“ darzustellen. Doch dass bei einer Verpflichtung bei der Bundeswehr mindestens ein Jahr Auslandsaufenthalt dazugehört wird erst einmal verschwiegen. Jugendliche werden mit einem sicheren Job und Aufstiegsmöglichkeiten, sowie großen Gehaltschecks bei der Bundeswehr angeworben.
Militärischer Werbefeldzug
Für die oben beschriebenen Werbemaßnahmen scheut die Bundeswehr keine Kosten. Allein im Jahr 2011 wurden 16 Millionen Euro für die Nachwuchswerbung veranschlagt, für das Jahr 2012 sind insgesamt 29 Millionen Euro vorgesehen.
Weitere Bestrebungen sich gesellschaftlich zu etablieren und ihre Akzeptanz zu steigern, werden erkennbar durch die offensiveren Werbeaktionen. Oftmals finden Militärzeremonien oder Konzerte der Bundeswehrkapelle auf öffentlichen Raum statt. Die Bevölkerung soll dadurch an die Anwesenheit von Militär gewöhnt werden. So soll ein gesellschaftliches Klima geschaffen werden, in dem Bundeswehreinsätze und die damit verbundenen Kriege nicht weiter hinterfragt werden. Dies soll perspektivisch auch für Einsätze im Inneren gelten, welche grundgesetzwidrig sind und dennoch schon in Ausnahmefällen, wie z.B. 2007 im Rahmen des G8 Gipfels in Heiligendamm oder bei der WM 2006 in Deutschland stattfinden.
Laut einer Umfrage der ARD vom September 2011, zum Krieg gegen Afghanistan, lehnen 66% der Bevölkerung in Deutschland diesen Kriegseinsatz ab. Daran ist es wichtig anzuknüpfen, es zeigt, dass die Mehrheit der bundesdeutschen Bevölkerung der von der Bundesregierung praktizierten Kriegspolitik in Afghanistan kritisch gegenübersteht. Dies soll mit den vermehrten Auftritten der Bundeswehr in der Öffentlichkeit geändert werden. Wer gegen die Kriegseinsätze der Bundeswehr ist, sollte auch dem Militärwerbefeldzug aktiv entgegentreten!
Hochschulforschung für das Militär
An zahlreichen deutschen Universitäten findet heute militärische Forschung und Lehre statt: Im Karlsruher Institut für Technologie (KIT) werden kognitive, „intelligente“ Landfahrzeuge entwickelt. Etwa zehn Millionen Euro sollen in die Erforschung der Fahrzeugdrohnen gesteckt werden. Das Institut für Angewandte Festkörperphysik in Freiburg ist an der Entwicklung des Bundeswehr-Transportflugzeugs Airbus A400M beteiligt. Die Universität Stuttgart forscht für das Unternehmen Eurocopter, einer Tochter des Rüstungsgiganten EADS, an neuen Rotorblättern und Kampfhubschrauberstrukturen. Allein 2008 gab die Bundesregierung nach Eigenaussagen 1,1 Milliarden Euro für die Militärforschung an Hochschulen aus – dabei fließt auch viel Geld in die wehrmedizinische Forschung. Wie viel Geld von den Rüstungsfirmen als Drittmittel für militärische Forschungszwecke an die Universitäten fließt, ist nicht bekannt.
Die Forschung wird instrumentalisiert, um das Rüstzeug für die weltweiten Einsätze der Bundeswehr weiter zu entwickeln.
An vielen Universitäten gründeten sich Initiativen, die versuchen, eine Zivilklausel in die Grundordnung ihrer Einrichtung – und als weiteren Schritt in das Hochschulgesetz der verschiedenen Bundesländer, auch in Baden-Württemberg – einzufügen. Durch eine Zivilklausel wird festgeschrieben, dass Forschung, Lehre und Studium nur nicht-militärischen Zwecken dienen dürfe. Es soll nur für friedliche und zivile Zwecke geforscht werden.
Mit Erfolg: z.B. wurde an der Universität Tübingen eine Zivilklausel in die Grundordnung aufgenommen. Konstanz hat bereits seit langer Zeit eine Klausel gegen Kriegsforschung. In Karlsruhe gibt es noch keine Zivilklausel, dafür aber ein positives Votum der Studierendenschaft.
All dies zeigt auf, dass unsere Proteste Erfolg haben können. Lasst uns also gemeinsam aktiv gegen die Militarisierung von Schulen und Forschung sein und der kontinuierlichen Militarisierung der Öffentlichkeit entgegentreten.
Vom 24.09.-29.09.2012 heraus zur bundesweiten Aktionswoche für militärfreie Bildung und Forschung:
Erinnern wir die Landesregierung an ihr Versprechen zur Kündigung der Kooperationsvereinbarung zwischen dem Militär und dem Kultusministerium! Für militärfreie Bildung!
Für eine Zivilklausel im Landeshochschulgesetz Baden Württemberg!
Für alle ein gleichberechtigtes und solidarisches Leben ohne Krieg!