Vom 1. Januar bis zum 30. September letzten Jahres wurden 60 Faschist:innen in der Bundeswehr entlassen. Wie der Tagesspiegel berichtet, sollen drei von ihnen aus dem islamisch-fundamentalistischen Spektrum kommen. Die Zahlen ergeben sich aus der Antwort auf eine kleine Anfrage im Bundestag.

Damit werden in der BRD Rekordwerte in diesem Bereich verzeichnet: 2019 waren es im gesamten Jahr 49, im Jahr 2020 36 Soldat:innen, die ihren Job wegen „extremistischer“ politischer Ansichten oder Aktivitäten verloren haben.

Auch die Beobachtungsfälle des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) haben sich vermehrt. 2019 gab es noch 743 Beobachtungsfälle, 2020 waren es 1.016, die große Mehrheit wegen rechter politischer Aktivitäten.

Der Anstieg der Beobachtungsfälle und Entlassungen dürfte vor allem ein Ergebnis öffentlichen Drucks sein. Nachdem in den vergangenen Jahren immer wieder zahlreiche faschistische Netzwerke, Chatgruppen und Aktivitäten an die Öffentlichkeit gedrungen waren, möchte man zumindest den Anschein erwecken, etwas gegen diese Strukturen zu tun.

Die Zahl der Entlassungen mit politischem Hintergrund wird bei der Bundeswehr seit 2016 erfasst. Dabei werden die Entlassenen in „Rechtsextreme“, „Islamisten“ und „Linksextreme“ eingeteilt, wobei mit den ersten beiden Gruppen zumeist Faschist:innen gemeint, mit der letzten Linke, Revolutionär:innen und Kommunist:innen.

Dabei ist es wenig überraschend, dass unter 225 entlassenen „extremistischen“ Soldat:innen seit Beginn der Erhebung von Entlassungen aufgrund extremistischer Ausrichtung im Jahr 2016 nur vier Linke waren.

Darum sagen wir #keinEinzfall!

Hier unserer Text zu rechten Netzwerken in Bundeswehr:

Rechte Netzwerke in der Bundeswehr sind #keinEinzelfall

Die Bundeswehr dient seit ihrer Gründung 1955 als Sammelbecken von faschistischem Gedankengut. Fast ausnahmslos alle Offiziere und Unteroffiziere stammten bei ihrer Gründung aus der Wehrmacht und der Waffen-SS, faschistische Strukturen wurden so direkt übernommen. Rechte Vorgesetzte konnten über Generationen hinweg bis heute Gleichgesinnte fördern, während der in der Bundeswehr alles durchdringende Korpsgeist Faschisten die Möglichkeit gibt ihr rassistisches Gedankengut im Kameradenkreis ziemlich unbekümmert offen zur Schau zu stellen. Wer sich dagegen ausspricht wird als vermeintlicher Nestbeschmutzer mindestens gemobbt, auf ungeliebte Diensstellen wegbefördert oder gar aus der Bundeswehr entlassen. So sollte beispielsweise 2019 ein Unteroffizier entlassen werden nachdem er rassistische und faschistische Äußerungen von Kameraden meldete. Ebenso sollte der KSK-Offizier der einen Brandbrief an das Ministerium schrieb aus dem KSK entlassen werden. In beiden Fällen lag es nur an einer kritischen Öffentlichkeit, dass hier nicht diejenigen bestraft wurden, welche Misstände aufdecken und ansprechen. Allen Floskeln von der Bundeswehrführung, Verteidigungsministerium und Regierung zum Trotz herrschen bis heute beste Bedingungen für faschistische Umtriebe in der Truppe.

Es ist ja kein Zufall, dass sich Faschisten von der Bundeswehr angezogen fühlen. Es liegt auch, aber nicht nur, an der Affinität dieser für autoritäre Strukturen und dem Zugang zu Waffen. Das in der Bundeswehr vorherrschende und nach Außen getragene Gedankengut ist geradezu ein Willkommensschild für Faschisten. Selbst in der offizielle Traditionspflege wurde die Wehrmacht lange geradezu heldenhaft verehrt, ihre Lieder, Gebräuche und Symbole übernommen. Nur schleppend, widerwillig und ganz offensichtlich nur aufgrund zunehmenden öffentlichen Drucks wurde sich nach und nach von allzu kritischen Wehrmachtsbezügen getrennt. Ebenso zeigt die Benennung von Kasernen nach bekannten Wehrmachtssoldaten und den teils heftigen Widerstand innerhalb der Bundeswehr bei deren mehr als zögerliche Umbenennung. die faschistische Kontinuität zwischen Wehrmacht und Bundeswehr. Zumindest offiziell: In den Gemeinschaftsräumen der Kasernen finden sich immer wieder Wehrmachtsandenken, selbst von SS-Divisionen. Das sich Faschisten in so einem Umfeld wohlfühlen können ist ihnen natürlich bewusst. Die Möglichkeit in diesem Umfeld von Kameraden an der Waffe ausgebildet zu werden und darüberhinaus im Auslandseinsatz dann völlig legal, oder zumindest vor Strafverfolgung geschützt, mit militärischer Gewalt gegen Menschen einer nichtdeutschen Ethnie bis zur Ermordung dieser vorgehen zu können lässt die Herzen der Faschisten höher schlagen. Hier kommt zusammen was nicht zusammengehört: Zugang zu und Ausbildung an Waffen, die Möglichkeit diese legal einzusetzen und ein Umfeld das faschistisches Gedankengut bestenfalls verharmlost, toleriert oder auch noch fördert.

Die Aussetzung der Wehrpflicht, an sich zweifelsfrei gut, verschärft diese Lage ironischerweise noch weiter: Während die Wehrpflicht noch dafür gesorgt hat das zwangsweise ein großer Teil der männlichen Bevölkerung in der Truppe vorbeischauen musste sind heutzutage ausschließlich der Bundeswehr sowieso schon positiv gegenüberstehende Überzeugungstäter im Dienst. Patriotismus und Korpsgeist wird dadurch noch stärker und lässt Faschisten noch ungezwungener agieren.

Das dies ganz konkrete Auswirkungen hat sollte jedem Zeitungsleser bekannt sein: In den letzten Jahren sind immer wieder Netzwerke faschistischer und rassistischer Soldaten aufgeflogen, meist durch Zufall und da rassistische Äußerungen von Soldaten nichtmehr „nur“ auf der Stube sondern auch nachlesbar in sozialen Medien verbreitet wird. So oft und so viele rechte Strukturen innerhalb der Bundeswehr fliegen auf, dass es schwerfällt einen Überblick zu behalten. Oft fragt man sich: Ist das jetzt ein neuer Skandal oder derselbe von vorletzter Woche? Faschisten und Rassisten fühlen sich offenbar mittlerweile so sicher, dass sie immer unbekümmerter ihr Gedankengut in der Truppe teilen. Eine konsequente Aufklärung oder gar ernsthafte Konsequenzen müssen sie offensichtlich ja auch nicht fürchten: Der Militärische Abschirmdienst war an einer Vertuschung von Vorfällen mehr interessiert als an einer Aufklärung. Beispielsweise warnte ein MAD-Mitarbeiter einen verdächtigen Soldaten vor Hausdurchsuchungen in seinem Umfeld und übergab sogar Ermittlungsakten an Verdächtige. Der Hannibal-Komplex, Zuflucht Beuren, Uniter, Nordkreuz, Waffen- und Sprengstoffverstecke auf Privatgrundstücken, Tötungslisten, Feiern mit Hitlergrüßen und Rechtsrock, das Fehlen von 13.000 Schuss und 62 Kilogramm Sprengstoff aus Bundeswehrbeständen sind nur die aktuellsten und auffälligsten Beispiele eines großen Sumpfes. Im Alltag wird rechtes Gedankengut in der Bundeswehr geduldet und verharmlost. Selbst eindeutig rassistische Äußerungen werden, wie man beispielsweise im offiziellen Bericht des Wehrbeauftragten Jahr für Jahr nachlesen kann, mit einfachen Disziplinarbußen geahndet, statt Rassisten konsequent aus dem Militar zu entfernen. Auch die öffentlichwirksame Auflösung der besonders auffälligen 2. Kompanie des KSK ist eine Luftnummer und dient allein der Beruhigung der Öffentlichkeit: Die Soldaten wurden zum Großteil schlicht in andere Einheiten versetzt.

Die Bundeswehr hat offensichtlich kein Problem damit auch Rassisten auszubilden und in Auslandseinsätze zu schicken. Regelmäßig gibt es nach öffentlich gewordenen Skandalen einen Aufschrei, auch von den dafür Verantwortlichen selbst. Es werden Krokodilstränen vergossen und Besserung gelobt. Gebetsmühlenartig heißt es, Faschismus und Rassismus hätten in der Bundeswehr nichts zu suchen und würden konsequent verfolgt. Bis das nächste faschistische Netzwerk auffliegt.

All dies macht deutlich: Rechte Strukturen in der Bundeswehr sind keine Einzelfälle!