Zum Jahrestag des Genozids in Gaza sind wir mit ca. 300 Teilnehmer:innen in der Stuttgarter Innenstadt mit einer kämpferischen Demo durch die Straßen gezogen. Seit einem Jahr wird Gaza in Schutt und Asche gelegt, über 40 000 Menschen wurden ermordet, zusätzlich sind etliche Tausende verschollen, verletzt oder am Verhungern.
Uns war es aber auch wichtig über die Geschehnisse vom 07.Oktober zu sprechen. Darüber, dass Widerstand gegen die Kolonialmacht gerechtfertigt ist, darüber, dass es aber auch Auswirkungen hat, wenn dieser nicht von linken Kräften angeführt wird und es zu Aktionen gegen Zivilist:innen kommt, die aus unserer Sicht keine legitimen militärischen Ziele sind. Ein Grund mehr für ein säkulares, sozialistisches Palästina zu kämpfen.
Die israelische Propaganda, die der deutsche Staat reproduziert und die sich in der deutschen Staatsräson wiederfindet, möchte uns vormachen, dass alles am 7. Oktober begonnen hat – diese Erzählung lehnen wir entschlossen ab.
Der siedlerkoloniale Staat Israel besetzt und terrorisiert das historische Palästina und dessen Bevölkerung schon über 76 Jahre. Letzte Woche marschierte Israel, das auch nicht zum ersten Mal, in den Libanon ein. Zusätzlich zu den Bombardierungen Yemens und Syriens, droht ein Regionalkrieg mit dem Iran auszubrechen. Deutschland und die USA bieten da, wie immer, Israel Rückendeckung.
Nach den USA ist Deutschland nämlich der zweitgrößte Rüstungslieferant Israels, und auch sonst stellt Israel einen wichtigen Handelspartner und im Endeffekt einen geopolitischen Anker im mittleren und nahen Osten für Deutschland und andere NATO-Staaten dar. Logischerweise vertritt Deutschland seine politischen und finanziellen Interessen auch im Inland. Die Repression gegen Palästina-Solidarität in Deutschland spitzt sich im letzten Jahr auch stetig zu. Um den 7. Oktober herum wurden in Berlin Scharfschütz:innen bei Palästina-Demos anbeordert und auch im Vorhinein unserer Demo wurde über die Presse eine Drohkulisse aufgebaut.
Trotz der Einschüchterung war die Demonstration erfolgreich, Passant:innen jubelten uns zu und die Stimmung blieb stets kämpferisch. Anfangs wurde ein Demonstrant grundlos raus gezogen und kontrolliert, die wie immer fadenscheinigen Gründe hierfür konnten die Cops erst im Nachhinein liefern. Außerdem schikanierten die Bullen erneut den Anmelder der Demonstration, weil er Teile der Mittäter des Genozids beim Namen nennt: Habeck, Scholz und Baerbock. Beim Verlassen der Schlusskundgebung wurden außerdem Einzelpersonen von den Bullen aufgehalten, weil diese ihre Palästinafahnen noch immer wehten. Der Staat zeigt eindeutig was er von unserer Solidarität hält, umso wichtiger war unsere heutige Präsenz auf der Straße, alleine um der zionistische DIG nicht die Straße zu überlassen.
Fanny Reisin, eine Mitgründerin der jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost, hielt eine spannende Rede aus ihrer Perspektive als Jüdin und konnte so einen historischen Abriss vortragen, der aufzeigt, dass Antizionismus und Antisemitismus nicht gleich gestellt werden können.
Auch Prof. Helga Baumgarten hat eine Rede gehalten. Sie lehrte und lebt im Westjordanland und konnte eindrucksvoll über die Repression in den Universitäten vor Ort berichten. Wir vom Offenen Treffen gegen Krieg und Militarisierung haben eine Rede auf der Auftaktkundgebung gehalten. Diese setzte sich mit der Rolle Deutschlands im aktuellen Genozid auseinander, was die Interessen des deutschen Staates im Nahen Osten sind und wie wir diesen entgegentreten können.
Auf der Abschlusskundgebung haben wir eine Rede von Feminists for Jina Stuttgart gehört. Die iranische Feministin hat eine kämpferische Rede über revolutionäre Perspektiven und Freiheitsbewegungen in der Region gehalten. Ein sozialistischer Jugendlicher hat die Demo mit einem internationalistischen Redebeitrag bereichert. Die Rede zeigt auf, dass der Kampf der unterdrückten Völker und Klassen einer ist.