Perspektive Kommunismus hat eine sehr gute „Zeitung gegen Krieg“ veröffentlicht, die wir euch nur empfehlen können. Viel Spaß beim Lesen!


Die Zeichen stehen auf Krieg. Vor diesem Hintergrund haben wir von Perspektive Kommunismus uns daran gemacht, in dieser Zeitung verschiedene Aspekte einer Arbeit gegen den Krieg zusammenzutragen. Als Kommunist:innen ist die Kriegsfrage für uns keine Nebensache. Kriege sind die unausweichliche Folge der kapitalistischen Konkurrenz und treiben diese auf die Spitze. Sie entstehen als Folge der ökonomischen Krisen, in die der Kapitalismus immer wieder stürzt, und stellen dabei die Fortführung der Politik mit anderen Mitteln dar.

In der Geschichte hat die Zuspitzung der Klassenwidersprüche in Kriegszeiten immer wieder zu revolutionären Situationen geführt. Erst mit der Oktoberrevolution in Russland endete der 1. Weltkrieg 1917 im Osten und erst mit der Niederlage Deutschlands und der Novemberrevolution in Deutschland endete er 1918 im Westen. Die Arbeiter:innenbewegung hat historisch stets eine große Rolle im Widerstand gegen die Kriegstreiberei der Imperialisten gespielt. Auch heute ist es unsere Aufgabe, den Klassencharakter der militärischen Eskalationen deutlich zu machen.

„Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich, wie die Wolke den Regen“, so hat es der französische Sozialist Jean Jaurès kurz vor Ausbruch des 1. Weltkriegs formuliert. Daran hat sich in den letzten 100 Jahren nichts geändert und bedeutet umgekehrt: Nur die sozialistische Revolution kann einen tatsächlichen und langfristigen Frieden bringen. Die Revolution macht sich jedoch nicht von alleine. Wir müssen schon heute daran arbeiten, eigene revolutionäre Strukturen zu schaffen und eine allumfassende Gegenmacht gegen den Kapitalismus aufzubauen. Eine klassenbewusste und internationalistische Antikriegsbewegung ist ein wichtiger Teil davon. Mit dieser Zeitung wollen wir einen Beitrag dazu leisten, diese Bewegung zu stärken.

Wir sehen uns auf der Straße!

 

Artikel in der Zeitung

  1. Willkommen in der Zeitenwende! (hier lesen)
  2. Die Arbeiter:innenbewegung und der Krieg (hier lesen)
  3. Interview: Wehrpflicht und Kriegstüchtigkeit – aber sterben werden dabei nicht die Reichen! (hier lesen)
  4. Blockkonfrontation in der Ukraine auf dem Rücken der Arbeiter:innenklasse (hier lesen)
  5. Aufrüstung und Sozialabbau in Zeiten der Krise (hier lesen)
  6. Besatzung und Widerstand im Mittleren Osten (hier lesen)
  7. Kriegspolitik und Rüstungskonzerne – Markieren, Sabotieren, Blockieren (hier lesen)

 

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Willkommen in der Zeitenwende!

Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine gibt es in Deutschland kein Halten mehr. Was diese „Zeitenwende“ bedeutet, zeigt sich immer deutlicher: Zuerst konnte die Ampel-Regierung in kürzester Zeit und ohne großen Widerspruch das 100 Milliarden Paket für die Bundeswehr auf den Weg bringen. Die bürgerliche Presse hat sich im Einklang mit den Forderungen nach Aufrüstung und einer neuen außenpolitischen Stärke Deutschlands in Stellung gebracht, um die Nation gegen den Feind im Osten im militaristischem Taumel zu vereinen. Inzwischen wurde „Kriegstüchtigkeit“ zur Handlungsmaxime für die Bundeswehr (SPD-Kriegsminister Pistorius, im Herbst 2023). Festgeschrieben wurde das in den verteidigungspolitischen Richtlinien der Bundeswehr und zieht sich hegemonial durch die Außenpolitik des gesamten bürgerlichen Parteienspektrums.

Dabei ist das Bedrohungsszenarium des deutschen Imperialismus weiter auf die russische Föderation gerichtet als die „größte Bedrohung für Frieden und Sicherheit im euroatlantischen Raum“. Einfach übersetzt bedeutet das, Deutschland rüstet noch massiver auf, die Bundeswehr soll „Rückgrat der europäischen Sicherheit“ und „dauerhaft und verlässlich zum „Grundpfeiler der konventionellen Verteidigung in Europa“ werden (verteidigungspolitische Richtlinien). Teile davon sind die Verlagerung von Bundeswehreinheiten nach Litauen, die „Intensivierung“ der Zusammenarbeit mit der deutschen Rüstungsindustrie (Scholz) und die ansatzweise erkennbare Umstellung auf Kriegsproduktion als eine wesentliche ökonomische Säule. Dies zeigt sich durch den weiteren Ausbau militärischer Kapazitäten und steigende Rüstungsexporte. Rüstungskonzerne wie Rheinmetall und Co kommen mit ihren Produktionskapazitäten nicht hinterher, neue Fabriken wurden und werden aufgebaut. Ideologisch begleitet wird das mit dem vorgeblichen Bedrohungsszenarium, propagandistisch mit noch mehr Bundeswehrwerbung. Da es aber weiterhin am gewünschten Personal mangelt, wird die Wiedereinführung der bis dato ausgesetzten Wehrpflicht als einer der nächsten Schritte auf der politischen Agenda stehen.

Angegriffen als Putin-Unterstützer werden alle, welche auch nur nach der Tauglichkeit der Mittel der Kriegsführung fragen. Man muss nicht einmal klar Position gegen Krieg und den westlichen Imperialismus beziehen, um bereits als „Vaterlandsverräter“ zu gelten. Dabei positioniert sich besonders Deutschland weiterhin als aggressiver Unterstützer der Ukraine und dringt immer noch auf Sieg und Rückeroberung aller Gebiete mit dem Ziel einer Schwächung Russlands. Dabei soll die BRD zum Hauptlieferant von Kriegsgerät neben den USA werden bzw. diese ersetzen. Von der neuen US-Administration wird der ökonomische und militärische Fokus noch mehr auf den indo-pazifischen Raum und gegen China gerichtet sein. Das ändert sich auch nicht substantiell durch die „exklusive“ Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in der BRD – bis auf die Tatsache, dass diese Stationierungsorte Deutschland damit auch zum „exklusiven“ Angriffsziel machen werden.

Der Militarismus nach innen setzt sich politisch und militärisch auf der internationalen Ebene fort. Jede Kritik in Deutschland an der genozidalen Kriegsführung Israels in Gaza wird mit dem Kampfbegriff des Antisemitismus diffamiert, jegliche Stimmen gegen den Kriegskurs des westlichen Imperialismus werden bekämpft und kriminalisiert. Waffenlieferungen an Israel sind weiterhin deutsche Staatsraison. In Gaza wird sichtbar, wie der Westen bereit ist Krieg zu führen und was es mit den „westlichen Werten“ letztlich auf sich hat. Mit den Waffenlieferungen an den Nato-Partner Türkei, die sich direkt gegen die demokratische Selbstverwaltung in Nordostsyrien (Rojava) richten, zeigt sich das Fehlen jeder Moral noch einmal mehr.

Militarismus, Aufrüstung und Waffenproduktion haben ihren Preis, weltweit und natürlich im Land selbst. Dafür sollen wir alle Opfer bringen – Krise hin oder her. So geht die Erzählung der Herrschenden, von der SPD im Gleichschritt mit den Grünen, letztlich aber allen bürgerlichen Parteien. Die deutsche Wirtschaftselite benutzt dafür schon ganz selbstverständlich eine Parole aus dem Dritten Reich: „Kanonen statt Butter“ (Clemens-Fuest, IFO). Dabei sind die zunehmenden kriegerischen Auseinandersetzungen selbst Ergebnis einer Krise des kapitalistischen Systems. Die weltweite Wirtschaft ist angespannt und in der BRD steht zum Beispiel die Automobilindustrie in großer Bedrängnis. Die bürgerlichen Regierungen sind von zunehmender Instabilität geprägt, wie sich aktuell in Deutschland und Frankreich zeigt.

In diesem Kontext hält sich die Begeisterung der Bevölkerung für eine Politik der Aufrüstung und Militarisierung noch immer in Grenzen. Die Menschen wollen lieber eine bezahlbare Wohnung als gepanzerte Luftschutzbunker und lieber ein gutes Gesundheitswesen und Bildungssystem als mehr Soldaten, die Stechschritt marschieren. Genau an diesen Stellen wird eingespart, was für die angestrebte Kriegstücheitkeit verschleudert wird. Als Antwort darauf entwickelt der Staat eine immer offensivere und reißerische Kriegspropaganda und einen verstärkten Nationalismus. Die Bundeswehr wirbt an Schulen und im öffentlichen Raum, die Rüstungsindustrie wird in den höchsten Tönen gelobt und moralische Bedenken weggewischt. Damit einher geht eine politische Rechtsentwicklung, der parlamentarische Aufstieg der AfD und faschistischer Gruppen. Zur Ablenkung und als Schuldige der Krise werden Flüchtende und Migrant:innen gebrandmarkt, die wir „uns“ nicht mehr leisten könnten.

Es ist offensichtlich, unser Hauptfeind bleibt der deutsche Militarismus. Was wir heute sehen, ist immer erst noch der Anfang von dem, was auf uns zukommt, wenn wir nicht mit aller Gewalt dagegen halten. Der deutsche Imperialismus hat bewiesen, dass er, wenn er sich stark genug fühlt, besonders aggressiv und „abenteuerlustig“ ist. Zweimal hat das deutsche Kapital Millionen Menschen das Grab geschaufelt. Als Kriegsgegner:innen in Deutschland sind unsere Feinde die deutschen Rüstungskonzerne und Banken, ihre politischen Handlanger in den Parteispitzen der bürgerlichen Parteien sowie die Medien, die im Gleichklang versuchen, uns aufzuhetzen gegen den konstruierten äußeren Feind, die angebliche Bedrohung aus dem Osten.

Wir bleiben dabei: Der Propaganda des Krieges widersprechen wir. Es ist an der Zeit aktiv zu werden gegen die Organisatoren und Profiteure des Kriegs. Denn es ist nicht unser Krieg, weder in der Ukraine noch sonst irgendwo, die arbeitende Klasse kann dabei nur verlieren. Heute, wie vor mehr als hundert Jahren, gilt für uns als Linke in Deutschland der Ausspruch von Karl Liebknecht: „Der Hauptfeind steht im eignen Land!“

 

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Die Arbeiter:innenbewegung und der Krieg

In der „Zeitenwende“, dem Ukraine-Krieg und dem Genozid in Gaza zeigt sich, wie Linksliberale und Sozialdemokraten ihre humanistisch-progressive Fassade ablegen und sich dem Kriegskurs des deutschen Kapitals anschließen. Diese Entwicklung ist jedoch keine Überraschung, sondern entspricht einem Kurs, den die SPD im Jahr 1914 mit Beginn des 1. Weltkriegs entwickelte.

Der Beginn des 1. Weltkrieges ist nun 110 Jahre her. Ein solcher Krieg kann nur geführt werden, wenn die Arbeiter:innen-Klasse ihn unterstützt oder zu mindestens toleriert. Denn sie sind diejenigen, welche die Produktion am Laufen halten (im Krieg vermehrt die Waffenproduktion) und an der Front sterben. Das wussten auch die Parteien der Sozialistischen Internationale. Sie hatten beschlossen, im Kriegsfall mit Protesten und einem Generalstreik zu reagieren, damit Arbeiter:innen nicht auf Arbeiter:innen schießen. Doch mit Kriegsausbruch verrieten die Parteien ihre eigenen Prinzipien, allen voran die deutsche SPD.

Am 4. August 1914 begründet der damalige SPD-Vorsitzende Hugo Haase die Zustimmung zu den Kriegskrediten mit den Worten „Wir lassen in der Stunde der Gefahr das eigene Vaterland nicht im Stich.“ In folgenden Abstimmungen sollte die SPD nahezu geschlossen für die Kriegskredite stimmen. Im Weltkrieg schlachten sich nun die Arbeiter:innen verschiedener Nationen zugunsten der Interessen der herrschenden Klassen gegenseitig ab. Später benutzt die SPD auch den Vorwand, den Soldaten, die sie ja indirekt mit an die Front geschickt hatten, nicht in den Rücken fallen zu wollen, um weiterhin die Kredite bewilligen zu können.

Die Gewerkschaften, eng mit der SPD verwachsen, schlagen sich schon einige Tage zuvor auf die Seite der herrschenden Klasse und beschließen bereits am 2. August 1914 alle Bewegungen für bessere Löhne und Bezahlung abzubrechen und als „Vaterlandsverrat“ zu betrachten. Streiks werden nicht mehr unterstützt. Es wird der sogenannte Burgfrieden ausgerufen: Alle Klassengegensätze und Konflikte sollen angeblich ruhen, während Deutschland nach außen hin geschlossen wie eine Burg auftritt.

Lediglich der SPD-Abgeordnete Karl Liebknecht widersetzt sich der Zustimmung zu den Kriegskrediten. Beim ersten Abstimmungstermin stimmt er – unter Protest – zunächst noch für die Kriegskredite. Der Fraktionszwang und seine Verbundenheit mit der Partei bewegt ihn dazu. Aber schon bei der nächsten Abstimmung am 2. Dezember 1914 widersetzt er sich von nun an offen der Parteiweisung, die die Zustimmung zu den Kriegskrediten verlangt. Dazu erklärt er:

„Dieser Krieg, den keines der beteiligten Völker selbst gewollt hat, ist nicht für die Wohlfahrt des deutschen oder eines anderen Volkes entbrannt. Es handelt sich um einen imperialistischen Krieg, einen Krieg um die kapitalistische Beherrschung des Weltmarktes, um die Beherrschung wichtiger Siedlungsgebiete für das Industrie- und Bankkapital.“

1917 spalten sich antimilitaristische SozialdemokratInnen, die auch das Streikverbot nicht akzeptieren wollen, von der SPD ab und gründen die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD). Sie ist keine revolutionäre Partei, sie vertritt die Positionen der SPD vor Kriegsausbruch. Die übrig gebliebenen rechten, kaisertreuen Sozialdemokrat:innen nennen sich von nun an MSPD (Mehrheitssozialdemokratie). Auch andere Linke spalten sich von der SPD ab und gründen eigenständige Gruppierungen. So etwa die „Gruppe Internationale“, später „Spartakusbund“ mit Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg, Clara Zetkin, Franz Mehring, Wilhelm Pieck und Leo Jogiches als bekannte Persönlichkeiten.

Gegen die Kriegs-Opposition wird mit Härte vorgegangen. Über Liebknecht bricht ein Sturm der reaktionären Hetze los und im Februar 1915 wird er schließlich an die Front geschickt, in der Hoffnung das „Problem“ erledige sich auf diese Weise. Rosa Luxemburg wird wegen eines Aufrufs zur Kriegsdienstverweigerung ungefähr zur selben Zeit ins Frauengefängnis in Berlin gesteckt. Karl Liebknecht erlebt die Gräuel des Krieges am eigenen Leibe und agitiert auch an der Front weiter. Selbst im Schützengraben schreibt er Flugblätter. Aus dieser Zeit stammt eines seiner berühmtesten – und bis heute gültigen – Flugblätter.

Es folgen die Oktoberrevolution in Russland, die Niederlage Deutschlands Krieg, die Novemberrevolution in Deutschland und die Gründung der KPD. Die kämpferische – und in Teilen revolutionäre – Arbeiter:innen-Bewegung wird schließlich von einer SPD-geführten Regierung blutig niedergeschlagen.

Seitdem hat die Welt viele weitere blutige Kriege gesehen, in denen meistens die Arbeiter:innen ihr Leben für die Profite der Kapitalist:innen lassen. Kurz vor dem 1. Weltkrieg erkennt der französische Sozialist Jean Jaurès schon: „Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen.“ Heute klingen dieselben kriegstreibenden Parolen, welche alle Klassengegensätze zu einem Burgfrieden einstimmen, durch die Parlamente: „Wir müssen kriegstüchtig werden. Wir müssen wehrhaft sein. Und die Bundeswehr und die Gesellschaft dafür aufstellen.“ (SPD, Pistorius) Es ist unsere Verantwortung, wie Liebknecht vor 110 Jahren die Stimme zu erheben, mit Mut den Kriegstreibern das Handwerk zu legen und mit unserer Klasse gegen den Krieg zu kämpfen.

Der Hauptfeind steht im eigenen Land!

Flugblatt 27. Mai 1915, Gekürzt, Karl Liebknecht

(…)
Alles lernen, nichts vergessen!
Nichts vergessen!
Wir haben erlebt, daß beim Kriegsausbruch die Massen von den herrschenden Klassen mit lockenden Melodien für den kapitalistischen Kriegszweck eingefangen wurden. Wir haben erlebt, wie die schillernden Seifenblasen der Demagogie zerplatzten, die Narrenträume des August verflogen, wie statt des Glücks Elend und Jammer über das Volk kamen; wie die Tränen der Kriegswitwen und Kriegswaisen zu Strömen anschwollen; wie die Erhaltung der Dreiklassenschmach, die verstockte Heiligsprechung der Viereinigkeit: Halbabsolutismus – Junkerherrschaft – Militarismus – Polizeiwillkür zur bitteren Wahrheit wurde.
Durch die Erfahrung sind wir gewarnt – alles lernen, nichts vergessen!
(…)
Aber kein Zuspät kennt entschlossener Kampfeswille!
Abgewirtschaftet hat die unsinnige Parole des »Durchhaltens«, die nur immer tiefer in den Malstrom der Völkerzerfleischung führt. Internationaler proletarischer Klassenkampf gegen internationale imperialistische Völkerzerfleischung heißt das sozialistische Gebot der Stunde.
Der Hauptfeind jedes Volkes steht in seinem eigenen Land!
Der Hauptfeind des deutschen Volkes steht in Deutschland: der deutsche Imperialismus, die deutsche Kriegspartei, die deutsche Geheimdiplomatie. Diesen Feind im eigenen Lande gilt’s für das deutsche Volk zu bekämpfen, zu bekämpfen im politischen Kampf, zusammenwirkend mit dem Proletariat der anderen Länder, dessen Kampf gegen seine heimischen Imperialisten geht.
Wir wissen uns eins mit dem deutschen Volk – nichts gemein haben wir mit den deutschen Tirpitzen und Falkenhayns, mit der deutschen Regierung der politischen Unterdrückung, der sozialen Knechtung. Nichts für diese, alles für das deutsche Volk. Alles für das internationale Proletariat, um des deutschen Proletariats, um der getretenen Menschheit willen!
Die Feinde der Arbeiterklasse rechnen auf die Vergeßlichkeit der Massen – sorgt, daß sie sich gründlich verrechnen! Sie spekulieren auf die Langmut der Massen – wir aber erheben den stürmischen Ruf:
Wie lange noch sollen die Glücksspieler des Imperialismus die Geduld des Volkes mißbrauchen? Genug und übergenug der Metzelei! Nieder mit den Kriegshetzern diesseits und jenseits der Grenze!
Ein Ende dem Völkermord!
Proletarier aller Länder, folgt dem heroischen Beispiel eurer italienischen Brüder! Vereinigt euch zum internationalen Klassenkampf gegen die Verschwörungen der Geheimdiplomatie, gegen den Imperialismus, gegen den Krieg, für einen Frieden im sozialistischen Geist.
Der Hauptfeind steht im eigenen Land!

 

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Interview: Wehrpflicht und Kriegstüchtigkeit – aber sterben werden dabei nicht die Reichen!

Du bist seit bereits seit mehren Jahrzehnten in Deutschland organsierte Kommunistin und dabei aktiver Teil von antimilitaristischen Kämpfen und dem Widerstand gegen Krieg. Wie siehst du die Entwicklung der letzten Jahren?

Ja nicht nur aktiver Teil von antimilitaristischen Kämpfen und Widerstand, aktiver Teil der Friedensbewegung würde ich sagen. Aber zur Frage: die ist ganz schön ganz groß und die Antwort lässt hier zwingend ganz vieles außen vor und auch, da ich aus einem Spektrum der kommunistischen und revolutionären Linken komme, habe ich schon einen bestimmten Blick.

Mit Blick auf die letzten Jahre würde ich sagen: Der deutsche Imperialismus findet wieder zu sich selbst – zwei verlorene Weltkriege haben die Mächtigsten, das deutsche Großkapital nicht von ihren Zielen abgebracht. Diese sind seit dem Vorabend des ersten Weltkriegs 1914 geografisch Vergrößerung des Macht- und Einflussbereichs – die Richtung dabei hat sich in den letzten über 100 Jahren nicht grundlegend geändert, die Herrschenden hierzulande drängen Richtung Osten und Balkan. Die Wahl der Mittel verändert sich immer wieder – nur die letzten Jahren zeigen, das der deutsche Imperialismus zunehmend die militärische Komponente und ganz direkt auch Krieg wieder als das Mittel dazu sieht.

Aber nochmal etwas zurück: Die Herrschenden in der BRD oder in Westdeutschland (es gab da ja auch über 40 Jahre noch einen anderen deutschen Staat – schlussendlich ist die DDR und mit ihr dieser Versuch des Aufbaus des Sozialismus gescheitert, aber er war) arbeiten schon seit den 1950ern daran, das eigene Militär und die eigene Kriegsindustrie wieder stark zu machen. Genauso lange gibt es aber auch eine antimilitaristische Tradition in der BRD. So sammelten sich unter der Parole „Ohne uns“ Anfang der 50er Jahre verschiedene politische Akteure und organisierten eine Welle von Massendemonstration mit hunderttausenden Teilnehmer:innen in der ganzen Bundesrepublik. Dabei wurde auch zum ersten mal nach 1945 von deutschen Polizisten wieder scharf auf Demonstrant:innen geschossen – der junge Kommunist Philipp Müller starb durch Polizeikugeln (1952, Essen). Außerdem kam es in rund 90 Betrieben zu spontanen Arbeitsniederlegungen gegen die Wiederbewaffnung. Es gibt den Teil der Geschichte des bewaffneten Kampf der Stadtguerilla hier gegen NATO und US Stützpunkte. Die Bewegung und die Kämpfe gegen die Startbahn West – den Ausbau des militärischen Teils des Frankfurter Flughafens, den Widerstand gegen öffentliche Bundeswehrgelöbnisse und die riesige Mobilisierung gegen die Stationierung der US „Pershing“-Raketen mit dem NATO Doppelbeschluss.

Es ist also auch immer eine Geschichte der antimilitaristischen Bewegung. Die letzten Jahre allerdings habe ich aber durchaus als schwierig erlebt. Da ist einfach auch einigen ehemals Linken die Orientierung verlorengegangen. – Darum nochmal: der Hauptfeind steht im eigenen Land!

Zeitenwende, Kriegstüchtigkeit, Bundeswehr Sondervermögen, Wehrpflicht – wie erlebst du die aktuelle Aufrüstungsdebatte?

Du meinst, Resilienz und der ganze Mist welcher da ausgekippt wird? Okay, die verkündete Zeitenwende war nicht bloß eine schnelle Reaktion auf den russischen Einmarsch in die Ukraine, sondern vielmehr die offene Propagierung einer Politik, die bereits seit Jahren wieder verfolgt wird. Die Krise des Kapitalismus, die seit 2008 immer wieder aufs Neue und verschiedentlich aufbricht – Bankenkrise, Schuldenkrise, Klima, Automobilkrise – zeigt, der Kapitalismus selbst steckt in einer tiefen Krise. Die Konkurrenz und Widersprüche zwischen den Staaten wird schärfer. Dazu der Aufstieg der „Brics-Staaten“ und aufstrebenden Schwellenländern, allen voran China, welche den alleinigen Führungsanspruch des Westen und vorneweg der „Weltmacht“ USA direkt in Frage stellen. Die Logik der Blockkonfrontation zwingt die imperialistischen Staaten dazu diesen Kriegskurs, wie wir in heute sehen, einzuschlagen.

In Deutschland forderten der damalige Bundespräsident Joachim Gauck und Frank Walter Steinmaier (damals Außenminister, SPD) bereits 2014/15 auf der NATO „Sicherheitskonferenz“ in München eine neue deutsche Außenpolitik, verbunden mit einem stärkeren weltweiten „Engagement“ Deutschlands. Mittlerweile geht es im offiziellen Sprachgebrauch nicht mehr um „mehr Verantwortung“ sondern offen um Kriegstüchtigkeit. Und auch der Gegner, also gegen wen da in den Krieg gezogen werden soll, wird heute offen benannt. Es sind heute keine Brunnen in Afghanistan, welche die Bundeswehr bauen soll, sondern Krieg gegen Russland.

Dies ist der Hintergrund und die Begleitmusik zur Wiedereinführung der Wehrpflicht, zu öffentlichen Gelöbnissen, Panzershows und Flecktarn-Offizieren bei Bildungs- und Jobmessen. Und auch zu Sondervermögen welche da immer wieder aus dem Ärmel der Politiker:innen geschüttelt werden. Die 100 Milliarden Sondervermögen der einen sind 100 Milliarden Sonder-Sozialabbau für die anderen. Dass der ganze Aufrüstungstaumel einhergeht mit massivem Sozialabbau und auch Aufrüstung und Repression gegen den „Feind“ im Innern sollte aber klar sein.

Was denkst du, lässt sich Bestrebungen von ehemaligen Friedensaktivisten entgegensetzen, die mittlerweile für Waffenexporte und Aufrüstung demonstrieren?

Naja, ich will es mal so formulieren: wer für Aufrüstung eintritt, in Nebensätzen Russland den Krieg erklärt und gleichzeitig der extrem rechten israelischen Regierung den Rücken stärkt und den Genozid gegen Gaza mitträgt und dabei von Frieden redet, hat den Schuss nicht gehört oder hat offensichtlich andere moralische Wertevorstellungen wie wir. Was hier zum Ausdruck kommt, hat nichts mit Frieden zu tun, es sind die Interessen des deutschen Imperialismus. Punkt!

Ich denke – auch mit dem Blick auf die nahende Wahl – mit den Profiteur:innen dieser gesellschaftlichen Verhältnisse, mit ihren Vertreter:innen im bürgerlichen Parlament kann es keinen Frieden geben. Der Schlüssel antimilitarisischer Politik, für Abrüstung und Frieden liegt auf der Straße. Es hat sich oft bewiesen, dass wir als antimilitaristische Bewegung erfolgreich sind, wenn wir es schaffen, verschiedene Aktionsformen miteinander zu verbinden und dieser Kriegspropaganda unsere eigene Perspektive einer befreiten Gesellschaft entgegensetzen. Ich gehe davon aus, das es viele Stimmen gibt, die mit dem aktuellen Kriegskurs nicht einverstanden sind, sich aber zugleich ohnmächtig fühlen. Diese Ohnmacht können wir durchbrechen und klar machen, dass unser Kampf nicht aussichtslos ist.

 

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Blockkonfrontation in der Ukraine auf dem Rücken der Arbeiter:innenklasse

Die kapitalistische Krise befindet sich in einer Phase, in der militärische Auseinandersetzungen in gefährlichem Maße zunehmen. Auf der einen Seite steht der westliche Machtblock um USA und EU und auf der anderen die Staaten, die sich um China und Russland gruppieren. Beide Seiten konkurrieren um Hegemonie auf den kapitalistischen Märkten, um Einflusssphären, Ressourcen etc. Die Konfrontation der Blöcke wird so offen ausgetragen, wie seit dem kalten Krieg nicht mehr.
Der Unterschied ist: Während dem Kalten Krieg und in den Jahren danach waren die USA die unangefochtene, globale Führungsmacht im kapitalistischen Lager. Obwohl sie nach wie vor die Militärmacht Nummer Eins sind, ist ihre ökonomische Macht am bröckeln, ebenso wie ihre Fähigkeit zur Einbindung und Kontrolle von Regionen wie dem Mittleren Osten, der Sahelzone oder Südamerika im kapitalistischen Weltsystem – in diese Lücken stoßen sowohl China und Russland, als auch verschiedene Regionalmächte vor. Die Zeichen stehen auf Neuverteilung von Einflusssphären.
Vor diesem Hintergrund finden auch die beiden großen Konfrontationen statt, die zumindest die Gefahr in sich tragen, einen neuen Weltkrieg zu provozieren:

  • Im Pazifik belauern sich China und die USA und planen Aufmärsche gegeneinander in Ländern wie den Philippinen und Korea.
  • In der Ukraine konkurrieren die US-geführte NATO und Russland um die Vorherrschaft in einem aussichtslosem Abnutzungskrieg mit hunderttausenden Opfern um Einflusssphären in Osteuropa.

Der Krieg in Ukraine könnte also der Vorbote einer noch größeren Eskalation sein, die sich zwischen dem westlich-imperialistischen Lager mit den USA an der Spitze und insbesondere China und Russland auf der Gegenseite anbahnt.

Die Vorgeschichte des Krieges in der Ukraine

Nach 1991 erlebte die Ukraine Schockprivatisierungen und Handelsliberalisierungen. Sie ist heute eine Klassengesellschaft wie Deutschland und andere kapitalistische Staaten auch. Darüber hinaus gab und gibt es innerhalb des Kapitals und der Arbeiter:innenklasse Spaltungen, z.B. zwischen dem eher agrarkapitalistischen Westen mit starker Orientierung auf den EU-Markt und dem bergbauindistruellen Osten, der die Konkurrenz mit westlichen Konzernen fürchtete. Als der damalige Präsident Janukowitsch 2013 ein EU-Assoziierungsabkommen ablehnte, kam es zur ersten großen Eskalation mit den Maidan- und Anti-Maidan-Protesten. In den Maidan-Protesten ging es nicht nur um die EU, sondern es entlud sich auch die Wut über die sozialen Missstände und die korrupte Regierung Janukowitschs. Letztendlich wurde die soziale Frage aber vom positiven Bezug auf die EU und nationalistischen Tönen überlagert. Aktiv unterstützt und vorangetrieben wurde dies von neoliberalen, den westlichen imperialistischen Ländern nahestehenden Kräften, sowie offen faschistischen Organisationen wie dem „Rechten Sektor“ oder „Swoboda“. Der ukrainische Staat führte lange einen Krieg gegen den Osten des Landes, wo die Anti-Maidan Bewegung auch mit der Zeit immer mehr von russischen Nationalist:innen übernommen und vom russischen Staat unterstützt wurde.

Heute wird sowohl in Russland als auch in der Ukraine jede ernsthafte sozialistische Opposition stark kriminalisiert. Parteien werden verboten und Gewerkschaften angegriffen. In der Ukraine wurde 2022 das neue Arbeitsgesetz 5371 verabschiedet, welches u.a. Tarifverträge ungültig macht. Die Arbeiter:innen müssen nun wieder individuell mit den Kapitalist:innen über Löhne und Arbeitsschutz verhandeln. Es wird eine Politik der „Dekommunisierung“ betrieben, um alle Überreste der Sovietunion zu beseitigen, was einhergeht mit der versuchten Assimilierung von russischsprachigen Ukrainer:innen. Putin sagte dazu am Anfang des Krieges: „Sie wollen die Entkommunisierung? Sehr gut, das passt uns sehr gut. Aber warum auf halbem Weg stehen bleiben? Wir sind bereit zu zeige, was eine echte Entkommunisierung für die Ukraine bedeuten würde.“ Gleichzeitig spricht Russland davon einen „antifaschistischen“ Krieg zu führen, während es in der Ukraine (aber auch in Afrika oder Syrien) faschistische Söldner-Gruppen einsetzt. Für die Herrschenden in Russland und in der Ukraine sind Nationalismus und Chauvinismus wichtige Integrationsideologien um den Klassenwiderspruch zu befrieden.

Die Vorgeschichte des Krieges – zu der auch die NATO-Osterweiterung zählt – wie auch die Klassenauseinandersetzungen innerhalb der Staaten, wird in der Berichterstattung meist ausgeblendet oder unterbelichtet. So landen viele am Ende beim Schulterschluss mit der deutschen Regierung und haben nur in den Details ein Kritik, wie dass die Aufrüstung nicht „grenzenlos“ sein soll und der soziale Bereich nicht vergessen werden dürfe.

Vorbereitung auf den Weltkrieg

Die NATO geht mittlerweile offen mit ihren Planungen um, in den nächsten 4-5 Jahren einen größeren Krieg zu führen. Es wird jetzt alles daran gesetzt, das eigene Militär zu stärken, um den Krieg am Ende zu gewinnen. Die BRD ist nach den USA das Land, das am meisten militärische Unterstützung in die Ukraine schickt. Mit dem rasanten Aufbau einer eigenen Rüstungsproduktion schafft sich Deutschland auch die Fähigkeit, das eigene Militär besser auszustatten. Seit April 2024 verlegt die Bundeswehr eine 5000 Soldat:innen starke Kampfbrigade dauerhaft nach Litauen. „Mit dieser kriegstüchtigen Brigade übernehmen wir eine Führungsverantwortung im Bündnis hier an der NATO-Ostflanke.” (SPD-Kriegsminister Pistorius) Gleichzeitig testete die NATO beim Manöver „Steadfast Noon“ im Oktober 2024 die Verteidigungsfähigkeit ihrer Atomwaffen. Daran waren auch Kampfjets beteiligt, die in der Lage sind, in Europa stationierte US-Atombomben zu transportieren. Das militärische Hochrüsten, welches aktuell noch als „Verteidigung“ vermittelt wird, dient also im gleichen Maße der Entwicklung einer eigenen Offensive.

Dazu passt auch die Ankündigung der NATO im Juni 2024, in Deutschland ab 2026 wieder atomwaffenfähige US-Mittelstreckenraketen stationieren zu wollen. In den 80ern gab es riesige antimilitaristische Proteste gegen den NATO-Doppelbeschluss 1979, der eine Stationierung eben solcher Raketen in der BRD vorsah. Die Stationierung sollte damals sogar noch durch Verträge zur gegenseitigen Begrenzung der Atomarwaffen ergänzt werden, die im aktuellen Vorstoß komplett fehlen. Die gesellschaftliche Reaktion heute ist erstaunlich ruhig, es regt sich kaum Protest. Dabei bedeutet die Stationierung dieser Raketen mit einer Reichweite bis tief in Russland eine deutliche Eskalation der Blockkonfrontation. Deutschland ordnet sich damit in den Konfrontationskurs der NATO ein und trägt dazu bei, das Angriffspotential gegen Russland zu erhöhen. Die USA profitieren davon doppelt: Einerseits verbessern sie ihre militärische Stellung gegen den Gegner, andererseits machen sie nicht ihr eigenes Staatsgebiet zur ersten Zielscheibe eines möglichen russischen Angriffs.

Krieg dem Krieg

Was uns bleibt, ist das der langfristige Wiederaufbau einer antimilitaristischen Bewegung, die sich gegen die kriegerische Eskalation der Konflikte zwischen den imperialistischen Weltmächten richtet. Dass wir dabei in der Defensive sind, ist nicht zu übersehen. Doch historisch waren die Kriegsgegner schon oft in der Minderheit (siehe Liebknecht) und haben letztendlich nicht nur Recht behalten, sondern den Krieg wie in der Novemberrevolution in Deutschland auch beenden können.

Unsere Antwort auf die Frage der Hochrüstung und die steigende Kriegsgefahr ist nicht die Entscheidung für das eine oder andere Lager der Weltpolitik, sondern der Standpunkt der Arbeiter:innen. Derjenigen Menschen, die unter diesen Kriegen am meisten leiden: Die für die Profit- und Machtinteressen kapitalistischer Wirtschaft und Politik bluten, deren Lebensgrundlage zerstört wird und die an die Front geschickt werden. Und unsere Orientierung bleibt: Der Hauptfeind steht im eigenen Land – der größte Beitrag, den wir für internationale Solidarität und Frieden leisten können, ist der Kampf gegen die Herrschenden in Deutschland!

 

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Aufrüstung und Sozialabbau in Zeiten der Krise

Im Juni 2022 wurde die „Zeitenwende“ ausgerufen und das 100 Milliarden Euro schwere Sondervermögen für die Bundeswehr beschlossen. Tausende Beschäftigte aus dem sozialen Bereich und dem Gesundheitssektor rieben sich verwundert die Augen, heißt es doch in jeder Tarifrunde und Haushaltsplanung, es sei kein Geld da für eine bessere Versorgung. Das Personal in der Pflege, in den Kindergärten und in sozialen Einrichtungen ist seit Jahren massiv unterbesetzt. Die Belastung ist entsprechend hoch. Doch während hier trotz des offensichtlichen Bedarfs kontinuierlich gespart wird, schüttelte der Staat für die Bundeswehr mal eben 100 Milliarden aus dem Ärmel. Und es blieb nicht bei dem einmaligen Sondervermögen: Mittlerweile haben die jährlichen Militärausgaben der BRD das 2 Prozent Ziel der NATO schon übertroffen und weitere Sonderausgaben werden diskutiert.

Dass die Aufrüstung mit einem Abbau der Sozialsysteme einhergeht und die Krise des Gesundheitssektors verschärft, ist eigentlich offensichtlich. Trotzdem behaupten Sozialdemokraten in der SPD und den Gewerkschaften, dass sowohl Aufrüstung als auch Soziales möglich und notwendig seien. Diese Behauptung ist nichts als Augenwischerei, der Zusammenhang zwischen sozialen Verschlechterungen und der massiven Aufrüstung tritt deutlich zutage. Schon 2023 warnte SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius in der Tarifrunde zum Öffentlichen Dienst vor zu hohen Lohnforderungen, weil diese den „Spielraum für Investitionen in die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr schmälern“ würden. Christian Lindner (FDP) forderte direkt nach Ausrufung der Zeitenwende, dass Arbeitnehmer:innen in Zukunft mehr Überstunden leisten müssten. Sogar die Abschaffung eines Feiertags zur Finanzierung der Aufrüstungspläne war in der Diskussion.

Diese Vorstöße haben allerdings nicht in erster Linie ökonomische, sondern viel mehr ideologische Gründe. Um Krieg führen zu können, muss die gesamte Bevölkerung darauf eingeschworen werden. Diese ideologische Komponente wird mit der zunehmenden Militarisierung der Gesellschaft immer bedeutsamer. Mehr und mehr Bereiche der Sozialpolitik werden durch Ordnungspolitik abgelöst: Polizist:innen statt Sozialarbeiter:innen, Sanktionen statt Sozialleistungen. Die Arbeiter:innen sollen ihre eigenen Forderungen zurückstellen und sich hinter den Interessen des deutschen Kapitals versammeln. So wird die Gesellschaft „kriegstüchtig“ (Pistorius) gemacht. Verschleiert wird das mit der Ideologie des Nationalismus, der ein vermeintliches gemeinsames Interesse zwischen Kapital und Arbeit betont, wo keines ist: Im sogenannten „Burgfrieden“ soll der Klassenkampf aufgegeben und durch die nationale Einheit gegen den äußeren Feind ersetzt werden. Die Kapitalist:innen behaupten dann gerne, wir müssten alle „den Gürtel enger schnallen“, während sie (nicht nur in der Rüstungsindustrie) weiter Milliarden scheffeln. Dass dieser Burgfrieden für die Arbeiter:innenklasse nicht gut ausgehen wird, hat die Geschichte gezeigt.

Klassenkampf statt Burgfrieden!

Der wohl wichtigste Gegner solcher Entwicklungen wären die Gewerkschaften, die traditionell immer Teil einer breiten Antikriegsbewegung waren. Doch sind die großen Gewerkschaften in Deutschland durch die über Jahrzehnte lang eingespielte Sozialpartnerschaft und den Einfluss der Sozialdemokratie nicht auf eine Konfrontation mit den Herrschenden eingestellt. Das zeigt sich, wenn bei den ersten Krisensymptomen in den Tarifrunden der Metall- und Elektroindustrie oder der Chemiebranche deutliche Reallohnverluste als Verhandlungserfolg verkauft werden, um die deutsche Industrie „wettbewerbsfähig“ zu halten. Es zeigt sich aber auch auf politischer Ebene, wenn die Gewerkschaften den Aufbau von Kriegstüchtigkeit eher mit vorantreiben als sie zu bekämpfen.

Im Sommer 2022 gab der Deutsche Gewerkschaftsbund seine Ablehnung von Waffenlieferungen in Kriegsgebiete auf und befürwortete deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine. Die Gewerkschaft ver.di folgte dem ein Jahr später und forderte zusätzlich eine Aufrüstung der Bundeswehr „zur Erfüllung ihrer Aufgaben in der Landes- und Bündnisverteidigung“, also ihre Einsatzfähigkeit in den anstehenden Kriegen der NATO. Noch eindeutiger positioniert sich die IG Metall, die im Frühjahr 2024 ein Positionspapier gemeinsam mit dem Wirtschaftsforum der SPD und dem Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie veröffentlichte. Sie begrüßt die „Zeitenwende“ und will die „Produktionskapazitäten […] der hier tätigen Rüstungsunternehmen“ fördern, um gut bezahlte Arbeitsplätze zu schaffen. Statt Autos sollen die Beschäftigen von VW und Co wohl in Zukunft Panzer bauen.

Diese Entwicklung muss sich ändern. Denn eine klare Antikriegshaltung der Gewerkschaften ist notwendig für den Kampf um ein besseres Sozialsystem – und ein kämpferisches Eintreten für die Rechte der Beschäftigten gleichzeitig ein wirksames Mittel gegen den Kriegskurs. Es ist unsere Aufgabe, um die Haltung der Gewerkschaften zu kämpfen. Wir müssen dafür eintreten, dass sie den Klassenkampf wieder an erste Stelle heben und klar Position beziehen gegen Krieg und Aufrüstung. Packen wir es an!

Soziales rauf, Rüstung runter!

Unter diesem Motto protestierten am 12. Oktober 2024 etwa 2000 Menschen in München gegen Aufrüstung und Sozialabbau. Sie folgten einem Aufruf der Gewerkschaften ver.di und GEW, der auf Initiative aktiver Kolleg:innen entstanden war. Die Demonstration war ein wichtiges Signal in die Gewerkschaftsbewegung, dass sich trotz der allgemeinen Stimmung im DGB auch antimilitaristische Stimmen Gehör verschaffen können.

 

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Besatzung und Widerstand im Mittleren Osten

Der von Israel an verschiedenen Fronten vorangetriebene Regionalkrieg soll eine Neuordnung im Nahen und Mittleren Osten herbeiführen, der die Kontrahenten des Staates in der Region mit allen Mitteln militärisch und politisch entmachten soll. Um den palästinensischen Widerstand zu zerschlagen, hat Israel den gesamten Gaza-Streifen in ein Trümmerfeld verwandelt. Auch das Westjordanland und der Libanon werden massiv bombardiert, und nach dem Sturz von Assad in Syrien durch die islamistische HTS ist das israelische Militär in Syrien einmarschiert und hat begonnen, dort eigene Militärstützpunkte zu errichten. Israel stärkt damit seine Position gegenüber dem Iran, der als Hauptfeind in der Region betrachtet werden kann.

Die Türkei nutzt die Situation in der Region, um die schon seit Jahren niederschwellige Kriegsführung gegen die kurdische Befreiungsbewegung in Syrien und im Irak auszuweiten. Sie will ihre lange gehegten Expansionspläne umsetzen und den syrischen Staat nach eigenen Interessen umbauen. Dazu unterstützt sie die islamistische SNA, die im Norden Syriens an dem Sturz Assads beteiligt war, und rüstet Zellen des IS mit Waffen aus. SNA und IS greifen dafür die Gebiete der Demokratischen Selbstverwaltung in Rojava an und versuchen diese zu zerstören. Sie greifen somit den einzigen Versuch in der Region an, ein demokratisches, gleichberechtigtes und multi-ethnisches Zusammenleben zu organisieren.

In Israel und der Türkei sind rechte bis faschistische Kräfte an der Macht, die im Inneren jegliche Antikriegs-Proteste unterdrücken und die Bevölkerung nationalistisch aufhetzen. Die Aggressionen der beiden Staaten sind verbunden mit Vernichtungsbestrebungen gegen Bevölkerungsgruppen in der Region: In Gaza verübt Israel einen Genozid an der gesamten Bevölkerung. Die Strategie der türkischen Kriegsführung gegen die kurdische Befreiungsbewegung beinhaltet die gezielte Ermordung von Zivilist:innen und die Zerstörung ziviler Infrastruktur, sowie die Vernichtung der kurdischen Selbstverwaltung in der Region.

Der Kontext im imperialistischen Weltsystem

Die Aggressionen beider Staaten finden vor dem Hintergrund einer globalen Krise des Kapitalismus statt, in der die bisherigen Machtverhältnisse in strategisch wichtigen Regionen ins Wanken geraten. Dabei wirkt sich die Blockkonfrontation zwischen der NATO und Russland bzw. China auch auf die Situation im Mittleren Osten aus. Der Einfluss Russlands in der Region wurde durch den Sturz des Assad-Regimes und den Abzug der russischen Einheiten aus Syrien erheblich geschwächt. Die USA und ihre Verbündeten haben nach wie vor eine starke militärische Präsenz, stehen aber gleichzeitig unter Druck vor dem zunehmenden politischen Einfluss Chinas. Seit 2023 gibt es beispielsweise unter chinesischer Vermittlung größere Annäherungen zwischen dem westlichen Erzfeind Iran und Saudi-Arabien als historisch engem Verbündeten der USA. Dadurch wurde die Position der Vereinigten Staaten in der Region empfindlich geschwächt. Die Konkurrenz zwischen den kapitalistischen und imperialistischen Mächten, ihren Einfluss zu erhalten oder auszubauen, nimmt dadurch erheblich zu. Für den westlichen Block spielen in dieser Auseinandersetzung die Türkei und Israel eine herausragende Rolle.

Der Staat Israel ist in seiner Existenz vollkommen abhängig von der finanziellen und militärischen Unterstützung der USA und Deutschlands. Neben der ideologischen Bedeutung, die Israel für Deutschland heute einnimmt, hat der Staat Israel damit eine weitere, noch viel bedeutendere Funktion für den politischen Westen: Er fungiert als sein Brückenkopf im Mittleren Osten. Da er als Staat ohne die USA und Deutschland nicht überlebensfähig wäre, ist er in seiner Politik an diese Staaten gekoppelt. Sie können sich sicher sein, dass Israel stets ihre Interessen innerhalb des Mittleren Ostens vertreten wird. Dazu gehört neben einer ständigen militärischen Präsenz der USA auch die Absicherung von Rohstoffen oder wichtigen Handelsrouten in der Region. Es gibt wohl keinen Staat, der in so vielen Belangen ein Anhängsel der US-Außenpolitik darstellt. Ohne die Unterstützung der westlichen Staaten wäre der Genozid in Palästina nicht möglich. Er kann nur stattfinden, weil sich die USA und Deutschland entschieden haben, ihn geschehen zu lassen.

Auch die Türkei spielt für den westlichen Imperialismus eine bedeutende Rolle. Als NATO-Staat ist sie in das westliche Bündnissystem fest eingebunden. Schon in den 1960er Jahren stationierten die USA auf der Incirlik Air Base im Süden der Türkei taktische Nuklearwaffen, um bis heute wichtige Ziele im russischen Hinterland angreifen zu können. Als einflussreiche Regionalmacht ist die Türkei noch immer ein wichtiger Partner zur Durchsetzung westlicher Interessen in der Region. Für Deutschland hat besonders ihre Rolle als Grenzpolizei eine große Bedeutung: Menschen, die vor der Zerstörung ihrer Heimatländer – angerichtet nicht zuletzt durch die westlichen Staaten selbst – nach Europa fliehen wollen, werden von der Türkei gestoppt und von der Flucht in die EU abgehalten, wo sie eigentlich ein Grundrecht auf Asyl hätten. Als Gegenleistung dafür sichern die EU und allen voran Deutschland der Türkei weitreichende wirtschaftliche und militärische Unterstützung für ihre Unterdrückung des kurdischen und türkischen Volkes zu und unterstützen sie im Kampf gegen die PKK und die türkische Linke. Die Angriffe auf die Demokratische Selbstverwaltung in Rojava werden durch die vollkommene politische Rückendeckung Deutschlands und der USA ermöglicht.

Israel und Türkei, Hand in Hand

Nach außen vermitteln die westlichen Imperialisten den Eindruck, als hätten die Verhältnisse in Palästina und Kurdistan nichts miteinander zu tun. Der türkische Präsident Erdogan erklärt immer wieder seine Ablehnung des Völkermordes in Gaza; die USA als wichtigster Verbündeter Israels kritisieren die Angriffe der Türkei auf die Demokratische Selbstverwaltung. Aber sieht man genauer hin, stellt sich schnell heraus, dass dies nur Schein ist: Weder interessiert sich Erdogan für das Schicksal der Palästinenser:innen, noch ist den USA an Leben und Freiheit der kurdischen Bevölkerung und ihrer Verbündeten gelegen.

Während Erdogan nach außen den Genozid verdammt, beliefert er gleichzeitig den israelischen Staat mit Öllieferungen, mit denen dieser seine Panzer und Militärjets betankt. Ihm geht es nicht um die Palästinenser:innen, sondern darum, gegenüber seiner eigenen Bevölkerung den Schein zu wahren. Und während die USA nach außen die Angriffe auf die Demokratische Selbstverwaltung kritisieren, verfolgen sie gleichzeitig die PKK als „terroristische Vereinigung“. Ihnen geht es nicht um die kurdische Bevölkerung, sondern darum, die militärische Schwäche und Isolation der Demokratischen Selbstverwaltung zu nutzen, um ihre eigenen Interessen in der Region besser verfolgen zu können. Auch wenn zwischen ihnen manchmal Widersprüche auftreten, so sind doch Israel und die Türkei genauso wie Deutschland und die USA fest in das Bündnissystem des Westens eingebunden. Sie sind jederzeit bereit, ihre scheinbaren Konflikte über den Haufen zu werfen, wenn es darum geht, gegen fortschrittliche Bewegungen vorzugehen. Oft haben sie auch eng miteinander kooperiert. So war es der israelische Geheimdienst MOSSAD, der 1999 gemeinsam mit der CIA und dem türkischen MIT die Festnahme des PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan organisierte und ihn über Tel Aviv nach Istanbul auslieferte.

Widerstand international

Die Unterdrückung der Kurd:innen und der Palästinenser:innen verbindet eine lange Geschichte. Genauso lange ist die Geschichte des Widerstandes beider Bevölkerungen. Dabei hat die direkte Zusammenarbeit von fortschrittlichen, revolutionären Widerstandskräften aus beiden Ländern immer wieder eine große Rolle gespielt: Als 1982 der israelische Staat in den Libanon einmarschierte, um den palästinensischen Widerstand zu erdrosseln, kämpften in den Reihen der Palästinenser:innen auch Militante der kurdischen Arbeiterpartei PKK. Sie waren in den Libanon gekommen, nachdem sich 1980 türkische Militärs mit Unterstützung der NATO an die Macht geputscht hatten, alle linken Organisationen verboten und blutig zerschlagen und hunderttausende Menschen inhaftiert hatten. Daraufhin hatte sich die PKK zum taktischen Rückzug in den Libanon entschlossen. Sie wurde dort von palästinensischen Genoss:innen der DFLP, der PFLP, der Palästinensischen Volkskampffront und der Libanesischen Kommunistischen Partei willkommen geheißen und im Guerilla-Kampf geschult. Für beide Seiten war klar: Der Kampf gegen Kolonialismus und Besatzung kann nur gemeinsam gewonnen werden.

In den 60er bis 80er Jahren gab es auch darüber hinaus lebendige Verbindungen und gegenseitige Bezugnahmen von Befreiungsbewegungen weltweit, die sich nicht nur gegen Besatzung, Krieg und Fremdbestimmung gewehrt haben, sondern auch neue sozialistische Gesellschaftsordnungen in ihren Ländern entwickeln wollten. Das machte sie damals auch zu wichtigen Bezugspunkten für die antikapitalistischen Revolten, die um 1968 auch in den westlichen Industriestaaten ausbrachen. Der Internationalismus ist bis heute ein wichtiger Bestandteil der revolutionären und antikolonialen Bewegung weltweit. Auf der ganzen Welt besetzen Studierende ihre Universitäten in Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung und fordern ein Ende des Genozids und der Besatzung in Palästina. Sie prangern dabei explizit die Komplizenschaft ihrer Regierungen mit den Verbrechen Israels an. Internationale Bewegungen wie Riseup4Rojava organisieren über Staatsgrenzen hinweg Solidarität mit dem kurdischen Befreiungskampf. Westliche Konzerne wie L3Harris, Accenture und Palantir, die die Massaker von Gaza bis Rojava durch ihre Technologien überhaupt erst ermöglichen, stehen dabei besonders im Fokus.

Krieg beginnt hier!

Kolonialismus und Unterdrückung bilden das Fundament, auf dem die imperialistischen Staaten ihre weltweite Macht aufgebaut haben. Im Inneren ergibt sich daraus für sie die Aufgabe, jeden Widerstand gegen die Unterdrückung Kurdistans und Palästinas niederzuschlagen. Der deutsche Staat erfüllt diese Aufgabe mit besonderer Härte: Wer die Befreiung Palästinas „vom Fluss bis zum Meer“ fordert, muss in Deutschland deshalb ebenso mit einer Anzeige rechnen, wie derjenige, der das Gesicht des PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan öffentlich zeigt. Öffentliche Konferenzen und Veranstaltungen, auf denen über den kurdischen oder den palästinensischen Befreiungskampf diskutiert werden soll, werden verboten oder strafrechtlich verfolgt. Der Palästina-Kongress in Berlin wurde verboten und aufgelöst; die „We Want Our World Back“-Konferenz in Hamburg wurde aus dem Räumen der Universität verbannt und ein Mitglied des AStAs mit einem Terrorverfahren belegt, weil auf ihr der kurdische Befreiungskampf thematisiert worden war.

All das zeigt, dass sich die Solidarität mit dem palästinensischen und dem kurdischen Befreiungskampf nicht nur gegen Israel und die Türkei richten muss, sondern auch gegen den deutschen Staat zielen sollte. Er ist es, der Waffen an Israel und die Türkei sendet. Er ist es, der ihre Verbrechen diplomatisch deckt und ermöglicht. Und er ist es, der jeden Widerstand dagegen unterdrückt und danieder hält. Es gibt keinen Grund, die Unterstützung dieser Terrorstaaten durch deutsche Politik und Unternehmen einfach hinzunehmen. Lassen wir nicht zu, dass die Ablehnung der israelischen Politik und des zionistischen Staates als rassistische Besatzungsmacht zu Antisemitismus umgedeutet werden. Solidarisieren wir uns mit der palästinensischen Solidaritätsbewegung, die in allen Teilen der Welt auf der Straße ist und in Deutschland ganz besonders rassistisch diskriminiert, von der Polizei schikaniert und kriminalisiert wird. Unterstützen wir den revolutionären Widerstand in Kurdistan, der von der Türkei mit deutschen Waffen bedroht wird. Hoch die internationale Solidarität!

Antizionismus ist kein Antisemitismus!

Der Zionismus steht für die Auffassung, dass ein eigener jüdischer Nationalstaat notwendig sei. Er wird von verschiedenen politischen und religiösen Strömungen vertreten. Die Idee kam Ende des 19. Jahrhunderts als Reaktion auf den verbreiteten Antisemitismus in Europa auf und geht davon aus, dass nur der eigene Staat jüdischem Leben wirklichen Schutz bieten könne und dass ein friedliches Zusammenleben von jüdischen und nicht-jüdischen Menschen außerhalb nicht möglich sei. Schon deshalb lehnen viele, vor allem linke, Jüdinnen und Juden, damals wie heute den Zionismus ab. In Palästina, wo die zionistische Bewegung den Staatsaufbau seit den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts anstrebte, haben arabische, drusische, muslimische, christliche und jüdische Menschen zuvor jahrhundertelang weitgehend friedlich zusammengelebt.

Die Gründung des Staates Israel fand schließlich 1948 statt. Großbritannien hatte zuvor sein Mandatsgebiet in Palästina aufgegeben, das es seit dem Ende des 1. Weltkriegs besetzt hielt. In dieser Phase waren viele jüdische Menschen im Kontext des Holocausts nach Palästina geflohen. Der Plan für die Staatsgründung wurde in der jungen, von westlich imperialistischen Staaten dominierten, UN (United Nations) ausgearbeitet. Kapitalistische Mächte wie die USA, Großbritannien und wenig später auch Deutschland, pflegen seitdem ein intensives Verhältnis zu dem Staat, um ihren Einfluss in der Region zu sichern.

Die Staatsgründung Israels beinhaltete eine gewaltsame ethnische Säuberung auf dem heutigen Staatsgebiet, die auch als „Nakba“ (Katastrophe) bezeichnet wird. 750.000 Palästinenser:innen wurden dabei vertrieben. Bis heute verwehrt Israel ihnen und ihren Nachfahren das Recht auf Rückkehr. In Israel sind die verbleibenden Palästinenser:innen noch immer Bürger:innen zweiter Klasse. Das System wird oft mit der Apartheid in Südafrika verglichen. In den seit 1967 von Israel zusätzlich besetzten palästinensischen Gebieten sind sie sogar einer gesonderten Militärjustiz unterstellt. Terror vom israelischen Militär und Siedler:innen gegen die palästinensische Bevölkerung und ihre Vertreibung sind dort an der Tagesordnung. Der koloniale Charakter des Staates ist blutige Realität.

Der Zionismus hat keine sichere jüdische Heimstätte geschaffen, sondern einen hochmilitarisierten Staat, der seit seiner Gründung in Kriege verwickelt ist und sie selbst vorantreibt. Seine rassistische Ideologie, dass jüdische und arabische Menschen nicht gleichberechtigt und friedlich zusammenleben könnten, setzt auch die eigene Bevölkerung einer ständigen Gefahr aus. Was darüber hinaus nicht vergessen werden sollte: Israel ist ein kapitalistischer Staat, der die politische und ökonomische Macht der dortigen herrschenden Klasse absichert, nicht die gemeinsamen sozialen Interessen der einfachen arabischen und jüdischen Bevölkerung. Die israelischen Gewalt- und Propaganda-Apparate werden alles daran setzen, die Perspektive eines friedlichen, solidarischen und multi-ethnischen Zusammenlebens auf dem Gebiet des historischen Palästina zu verhindern – weil das zwangsläufig auch den Sturz der Herrschenden in Israel bedeuten würde.

Der Zionismus ist heute auch ein fester Bestandteil der deutschen Staatsdoktrin. Der israelische Staat wird dabei mit der Allgemeinheit der jüdischen Menschen gleichgesetzt. Als Antisemitismus gilt dann nicht mehr in erster Linie die Feindschaft gegen Jüdinnen und Juden, sondern bereits Kritik und Ablehnung gegenüber dem israelischen Staat. Diese Entstellung des Antisemitismus-Begriffs ist gefährlich: Anstatt gegen die aufstrebenden Rechten in Deutschland vorzugehen, in deren Reihen der Antisemitismus noch immer fest verankert ist, wird diese Staatsdoktrin vor allem verwendet, um gegen Linke und Migrant:innen vorzugehen, die sich für internationale Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung einsetzen. Es ist darüber hinaus heute keine Seltenheit, dass jüdische Menschen ausgegrenzt und selbst des „Antisemitismus“ bezichtigt werden, weil sie gegen den Genozid in Gaza protestiert haben und sich nicht mit dem israelischen Staat identifizieren wollen.

Als Internationalist:innen setzen wir dem Zionismus die Perspektive der Verbrüderung der Ausgebeuteten und Unterdrückten entgegen: Für ein gleichgestelltes Zusammenleben aller Menschen, die heute in der Region leben, unabhängig von Hautfarbe oder Religion, unabhängig von den Interessen westlicher Mächte und den Machtkämpfen der Herrschenden.

Die Waffen schweigen lassen?

Immer wieder wird behauptet, das Eintreten für den Frieden müsse auch bedeuten, sich generell gegen jede Waffengewalt auszusprechen. Frieden könne nur dann erreicht werden, wenn alle Seiten die Waffen schweigen ließen. Auch wenn das gut gemeint sein kann, ist diese Vorstellung nicht nur realitätsfern, sondern auch gefährlich: Sie akzeptiert, dass die Ausgebeuteten und Unterdrückten, die hauptsächlichen Opfer von Kriegen, schutzlos den bis an die Zähne bewaffneten Truppen der Herrschenden ausgeliefert sind. Die Herrschenden werden die Waffen aber nur dann schweigen lassen, wenn sie dazu gezwungen werden.

Die Demokratische Selbstverwaltung der Kurd:innen in Rojava (Nord-Ost Syrien) existiert nur deshalb immer noch, weil der Aufbau von neuen politischen und sozialen Strukturen dort von Beginn an eng mit militärischen Strukturen verbunden war. Ohne den jahrzehntelangen, immer weiter professionalisierten Guerillakampf hätte die Türkei die kurdische Befreiungsbewegung schon lange ausgelöscht. Ohne den militärischen Sieg der kurdischen Volksverteidungseinheiten gegen den Islamischen Staat 2014 hätte das Foltern, Massenmorden und Vergewaltigen der Islamisten kein Ende gefunden. Und das gilt auch heute: Der Kampf der SDF (Syrian Democratic Forces) und der (Frauen-)Volksverteidigungseinheiten YPG und YPJ gegen die von der Türkei unterstützten islamistischen Söldner ist überlebenswichtig für das Projekt im Nahen Osten. Es gilt, die Menschen vor Ort weiter zu unterstützen. Damit machen wir deutlich: Es ist und bleibt möglich, gegen die Interessen von Imperialisten, Regionalmächten und religiösen Fundamentalisten eine Alternative zum Kapitalismus aufzubauen!

Drohnen für Rojava

Du möchtest den Volksverteidigungseinheiten in Rojava direkt helfen? Dann kannst du an die Kampagne „Drones for Rojava“ spenden. Die Kampagne sammelt Geld um Drohnen zu kaufen, die zur Verteidigung gegen die Angriffe des türkischen Staats und islamistischer Milizen genutzt werden. Gerade jetzt, in einer Zeit der akuten Bedrohung ist jeder Beitrag zur Verteidigung der Revolution wichtig!

Mehr Infos unter x.com/DronesForRojava und t.me/dronesforrojava

Anleitung zum Spenden: x.com/dronesforrojava/status/1873822882272325698

 

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Kriegspolitik und Rüstungskonzerne – Markieren, Sabotieren, Blockieren

 

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